Schatz, ich hab unser Haustier geschrumpft

Ein Foto vom eigenen Haustier zu haben ist nett – aber was, wenn der fellige Begleiter als 3D Modell auf dem Schreibtisch stünde? Werner Leitmüller macht diesen Traum nun wahr. Der 43-jährige IT-ler und Wirtschaftsinformatiker hat seinen Job an den Nagel gehängt, um mit seiner Firma CopyPet durchzustarten. Er stellt detailgetreue 3D-Modelle von Tieren her. Wir haben mit dem Familienvater über die IT-Welt, die Selbständigkeit und natürlich über Tiere gesprochen.

Werner, wie bist du auf die Idee gekommen 3D Modelle von Tieren anzufertigen?

Ich bin vor etwa drei Jahren mit 3D Druck in Berührung gekommen. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch IT-Leiter in einem oberösterreichischen Unternehmen. Ich war aber sofort davon begeistert und habe versucht, ein Modell anzufertigen. Daran bin ich damals zwar gescheitert, habe aber selbst erleben müssen wie aufwändig 3D Drucke sind. Denn den Drucker zu beschaffen ist das eine. Aber ein druckfähiges Modell zu kreieren ist erheblich schwieriger. Das ist nicht einfach nur ein Word-Dokument mit Text. Aber so bin ich ins Grübeln geraten und habe überlegt, wie ich diese Technik den Menschen zugänglich machen kann, ohne dass sie Grafiker oder Designer sein müssen. Und dabei kam ich auf die Idee Tiere zu modellieren und zu drucken.

Aber wie funktioniert das genau? Müssen die Tiere zu dir kommen?

Nein, das geht ganz einfach per Foto. Der Kunde fotografiert sein Tier von allen Seiten, schickt uns die Bilder und wir fertigen daraus die Figuren.

Was kostet denn eigentlich ein Modell?

Der kleine Hund, also ca. 10cm hoch kostet 250 Euro komplett.

Wie viel Arbeit steckt in einer Figur, ist das sehr aufwändig?

Enorm. In jeder Figur stecken viele Stunden Handarbeit. Das heißt wir zeichnen das Tier wirklich mit der Hand auf dem PC nach und erst im Anschluss wird das digitale Modell geschaffen, ebenfalls per Handarbeit. Pro Tier benötigen wir derzeit etwa 6 Stunden.

Foto: Foto Lui
Foto: Foto Lui
Was ist eigentlich so kompliziert? Wird das einmal schneller gehen?

Mit der aktuellen 3D-Druck-Software ist es schwierig, aber es tut sich schon viel in diesem Bereich. Im Moment lassen sich aus so wenigen Bildern, automatisch keine 3D Modelle erstellen. Eine alternative wäre das Scannen der Tiere. it einem Handscanner müsste  es eine Minute absolut still sitzen. Das ist bei einem Tier fast unmöglich.

Eine ziemliche Herausforderung. Wieso hast du dir gerade so ein aufwändiges Feld für deine Selbständigkeit gesucht, ganz blöd gefragt?

Weil es für mich ein Teil des Gesamtpakets sein soll. Ich will tatsächlich die 3D Druck Technologie näher an den Endkunden bringen. Und so ist es wirklich einfach: du machst 5 Bilder und bekommst ein 3D-Modell. Dieses Ziel steckt auch hinter meiner Plattform, die ich mit der FH Hagenberg entwickle.

Was hat es mit dieser Plattform auf sich?

Du kannst dein eigenes Objekt hochladen, oder eines von den vorgefertigten Objekten auswählen, miteinander kombinieren und bearbeiten. Du kannst auch eigene Bilder auf dein 3D Modell legen und anschließend lässt du es drucken. Dann hast du dein 3D-Fotobuch, wenn man so sagen will. Ganz ohne Vorwissen kannst du dir in einer halben Stunde deine Objekte designen.

Wie lange wird es deiner Meinung nach dauern, bis 3D Druck in jedem Haushalt möglich sein wird?

Drucker kannst du dir jetzt schon für 500 Euro kaufen. Die Frage ist: Was willst du damit machen und wie kommst du zu den 3D-Grafiken deiner Wunschobjekte? Das ist schwierig, wenn du kein Designer oder Grafiker bist. Ich glaube eher, dass es Ersatzteilplattformen geben wird. Wenn deine Kafeemaschine kaputt geht, kannst du das kaputte Teil dort herunterladen und ausdrucken. Das wird für die Hersteller gut, weil sie sich die Ersatzteillager sparen könnten.

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Glaubst du, dass eines Tages wirklich alles druckbar sein wird, zum Beispiel Essen?

Grundsätzlich kann ich mir es schon vorstellen, aber da wird sich in den nächsten 10 Jahren viel tun.

Jetzt mal weg vom 3D Druck, hin zu wirtschaftlicheren Themen: Warum der Gang in die Selbständigkeit? Du warst doch zuvor erfolgreicher IT-Manager.

Ich wollt eigentlich schon immer selbständig werden. In der IT-Welt hatte ich schon viel gelernt und viel sehen dürfen, da wäre mir sonst fad geworden (lacht). Aber natürlich habe ich viel überlegt und gerechnet. Ich habe dann im Einverständnis mit meinem ehemaligen Unternehmen meine eigene Firma gegründet.

Wie waren deine ersten Erfahrungen als Entrepreneur, kann man aus der Theorie was mitnehmen, du hast ja einen Entrepreneur-MBA absolviert?

Jein. Natürlich bekommst du bei einem MBA für Entrepreneurship viel mit und beigebracht, aber die Realität ist ja immer etwas anders. Meine Erfahrungen waren bisher aber durchweg positiv. Sowohl was meine Erfahrungen mit der FH Hagenberg betrifft, als auch jene mit der Wirtschaftskammer. Auch wenn hier immer wieder gejammert wird: es wird einem wirklich geholfen. Was ich aber eindeutig vom Studium mitnehmen konnte ist das Wissen über alternative Finanzierungsmethoden wie  Venture Capital oder Crowdfunding, Unternehmensstrategie und Unternehmensgründung . Diese Themen wurde sehr gut vermittelt und sind natürlich auch für CopyPet interessant.

Du bist mit dem Wirtschaftsstandort Österreich zufrieden?

Eigentlich schon. Mich, also das Unternehmen, gibt es offiziell jetzt seit einem dreiviertel Jahr und kann mich nicht beklagen. Aber ich muss schon sagen, dass ich viel Wissen mitgebracht habe, bevor ich selbständig wurde. Und ich lagere alles aus, was ich nicht selbst erledigen kann.

Gerade als ehemaliger IT-Chef wirst du einige Erfahrungen gemacht haben, die ein Start-up-Frischling vermutlich nicht hat.

Ich glaube schon. In der IT ist man immer ganz nahe am Geschäftsprozess und man betreut Projekte, die direkt an der Wertschöpfungskette beteiligt sind. Das heißt, man bekommt hier unmittelbar mit worum es geht und was man machen kann, was man auslagern muss und so weiter.

Wie bist du eigentlich in den IT-Bereich gekommen?

Das hat mich immer schon interessiert. Aber ich bin nicht der begnadete Programmierer, der an Tausenden Zeilen Code tüftelt. Mich hat der Geschäftsprozess in der IT interessiert. Die Andockung von Systemen an alle wichtigen Bereiche.

Foto: Foto Lui
Foto: Foto Lui
Wohin willst du mit CopyPet, oder ist das die Vorstufe zu deiner Plattform?

Vermutlich werden die beiden Dinge verschmelzen. Aber momentan ist das Ziel Österreich und Deutschland als Markt aufzubauen. CopyPet richtet sich an Tierfreunde, die ein nettes Geschenk suchen. Auf Anfrage gibt es die Modelle auch edler, in Silber oder Gold – hier arbeite ich mit einem Goldschmied zusammen. So kann man sein Haustier überall hin mitnehmen, auch an Orte, wo das mit dem echten nicht geht (lacht).

Wann wird die Plattform fertig sein?

www.jedermann3d.com ist bereits jetzt online. Derzeit in der Beta-Phase. Es kann sich jeder registrieren und testen. Ziel ist, dass wir im Herbst komplett online und reif für Produktionen sind. Derzeit geht es uns in erster Linie um das Feedback der Nutzer, das wir einarbeiten wollen. Danach kann es losgehen.

Wie gehst du mit deiner Work-Life-Balance um?

Im Moment sehr gut. Ich habe eine viel freiere Einteilung meiner Arbeit. Natürlich könnte ich von in der Früh bis Abend vor dem Rechner sitzen, aber dann würde ich mein Kind noch weniger sehen. Nachdem auch meine Frau selbständig ist, ergänzt sich das sehr gut. Dieses Sprichwort “selbstständig heißt selbst und ständig” muss man vergessen.

Da läuft man auch einem falschen Ideal nach.

Wie definierst du den Begriff Helden?

Schwierig. Für mich ist ein Held jemand, der zu seiner Überzeugung steht und auch wenn es einmal nicht so gut läuft seinen Weg geht. Nicht stur, sondern aus einem inneren Antrieb und aus einer Überzeugung heraus. Der braucht keine Kriege gewinnen aber sollte eine gewisse Beharrlichkeit haben.

Würdest du dich selbst auch als Held bezeichnen?

Nein (lacht). Auch wenn ich sehr beharrlich bin. Das sollen andere beurteilen.

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