„Ich halte wenig von Verboten und Regeln“

Sein grüner Saftladen boomt gewaltig: Der gebürtige Niederösterreicher Roman Firnkranz macht es sich smooth(ie). Der 30-jährige Wahlwiener motiviert und inspiriert Menschen über Onlinemedien, um sich gesünder zu ernähren. Auf seiner Website www.gruene-smoothies.info gibt er Tipps, wie man sich durch Smoothies neues Lebensgefühl verschaffen kann. Seine Erfahrung zieht Roman aus 6 Jahren Selbstständigkeit im Onlinemarketing und von seiner Ausbildung als Ernährungstrainer. Ein Gespräch über die Wirren des heutigen Ernährungsalltags.

Wann hast du dich das erste Mal in deinem Leben mit dem Thema Ernährung auseinandergesetzt? War das als Kind – in deiner Erziehung – ein präsentes Thema?

In meiner Kindheit hat Ernährung eine sehr untergeordnete Rolle gespielt. Es gab klassisch viel Hausmannskost, Tiefkühl- und Mikrowellenessen sowie Fast Food. Ich wundere mich noch immer, wie ich so gesund sein kann und so jung aussehe, obwohl ich mich fast zwei Jahrzehnte eher “schlecht” ernährt habe. Wahrscheinlich wegen der vielen Bewegung und Zeit in der Natur. Ich habe 12 Jahre lang Fußball gespielt und mein Traum als Kind war es, den Sprung in den Profifußball zu schaffen. So richtig mit Ernährung auseinandergesetzt habe ich mich gegen Ende meiner “Karriere” mit 18 Jahren, weil ich meine Hautprobleme in den Griff bekommen und mehr Muskel aufbauen wollte.

Gehörst du zum Kreis der strengen Ernährungsberater, oder bist du damit einverstanden, wenn ich sage: jeder Körper ist individuell und es kann sich nicht jeder gleich „gesund“ oder gleich „ungesund“ ernähren?

Bei der Aussage stimme ich dir vollkommen zu. Das ist Teil meiner Philosophie, die stark an den östlichen Ernährungslehren angelehnt ist. Es gibt nicht die eine perfekte Ernährung für alle Menschen. Jeder Mensch muss am Ende des Tages seinen eigenen Weg finden, passend zu seinem Lebensalter, passend zu seiner Lebenssituation, passend zur Jahreszeit und passend zu den geografischen sowie klimatischen Gegebenheiten. Und ich gehöre definitiv nicht zum Kreis der strengen Ernährungsberater. Denn ich halte wenig von Verboten und genauen Regeln. Langfristig erzielt man bessere Ergebnisse, wenn man Schritt für Schritt seine Ernährungsgewohnheiten ändert, als kurzfristig strikte Diäten durchzuführen.

Foto: Lorin Canaj / Helden-von-heute.at
Foto: Lorin Canaj / Helden-von-heute.at
Was ist so schwierig daran, sich überhaupt gesund zu ernähren. Und ich rede jetzt nicht davon, dass man auch in den Supermarkt gehen und sich Salat kaufen kann. Ich meine: warum schmecken uns Dinge wie Rohkost, Zucchini (nicht überbacken) und Co. nicht, oder zumindest nur bedingt?

Warum schmeckt uns Rohkost nicht mehr so gut? Einerseits, weil viele Gemüse- und Obstsorten überzüchtet sind und nicht mehr ihre natürlichen Eigenschaften in Form, Größe und Geschmack aufweisen. Andererseits, weil wir nie die richtige, leckere Zubereitung gelernt haben. Ein Stück rohes Fleisch würden nicht sehr viele Menschen essen, aber gebraten und gewürzt schmeckt es deutlicher besser. Genauso ist es beim Tofu oder bei den Zucchini.

Ich wage zu behaupten, es gibt für beinahe alles eine Lösung. Man muss sich nur Zeit nehmen, um zu suchen.

Aber wenn es so einfach ist, warum beschäftigen sich dann nicht mehr Menschen mit gesunder Ernährung?

Heutzutage ist es einerseits so einfach und andererseits so schwierig sich gesund zu ernähren. Was ich damit meine ist, dass es schwierig geworden ist gesunde Nahrung zu kaufen. Durch die starke Medienpräsenz von kapitalstarken Lebensmittelkonzernen, die ihre ungesunden Produkte bewerben, und die Omnipräsenz von Fast Food in Städten sowie die Industrieprodukte in Supermärkten. Gleichzeitig wird es immer einfacher lokale Lebensmittelproduzenten ausfindig zu machen, oder sich gesundes Essen nach Hause liefern zu lassen. Man kann sich eine Bio-Obst-Gemüse-Kiste direkt vor die Haustüre stellen lassen, oder man sucht auf Mundraub.org öffentlich zugängliche Früchte, Beeren und Kräuter in der Umgebung. Man kann sich auch im Internet alle erdenklichen Heilkräuter aus aller Welt bestellen, um jede Symptomatik zu behandeln. Ich wage zu behaupten, es gibt für beinahe alles eine Lösung. Man muss sich nur Zeit nehmen, um zu suchen.

Was bedeutet gesunde Ernährung für dich persönlich: erlaubst du dir alles oder grenzt du deinen Konsum ein?

Prinzipiell erlaube ich mir alles, wobei ich viele Gewohnheiten aufgebaut habe, die meiner Gesundheit langfristig förderlich sind. Zusätzlich hat sich mein Körperbewusstsein durch Yoga, Meditation und das viele Ausprobieren in puncto Ernährung stark verbessert. Vor allem unterwegs, auf Reisen oder in sozialen Situationen bin ich etwas lockerer und gönne mir dann, worauf ich wirklich Lust habe. Ich werde dann immer gefragt, warum ich so viel essen kann und trotzdem so schlank bin.

Und warum ist das so?

Das “Über-die-Stränge-Schlagen” passiert vielleicht 2-3 Mal im Monat. Es sind Ausnahmen. Im normalen Alltag esse ich mittags immer vegan und mache danach einen Verdauungsspaziergang. Ich frühstücke meistens nur einen Smoothie oder Obst. Ich faste öfters 12 oder 24 Stunden, um meinem Körper und der Verdauung regelmäßig eine Auszeit zu gönnen. Vor allem wenn ich merke, dass ich möglicherweise vor einer Verkühlung stehe. Ich trinke nie Softdrinks oder verdünnte Säfte, sondern immer nur Wasser & Tee. Ich koche fast jeden Abend frisch. Ich habe nie Süßigkeiten und Knabberzeug zu Hause, esse sehr, sehr selten Tiefkühlprodukte & Fast Food und besitze keine Mikrowelle. Die Liste ließe sich jetzt noch weiter fortführen. Ich will damit zeigen, dass der Schlüssel zu einer gesunden Ernährung die Summe der kleinen täglichen Gewohnheiten ist. Ob man ab und zu über die Stränge schlägt, fällt in einem Monat oder in einem Jahr nicht ins Gewicht.

Du schreibst, du bist nach langer Suche auf die Smoothies gekommen: was ist daran besonders?

Kurz zur Erklärung: Grüne Smoothies sind Smoothies, für die man 50 Prozent Obst, 50 Prozent Pflanzengrün und Wasser in einem leistungsstarken Mixer zu einer grünen, sämigen Masse mixt. Das besondere ist der große Anteil von Pflanzengrün wie Salat, Spinat, Wildkräuter und Blätter. Diese enthalten um ein Vielfaches mehr Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe als die Knolle oder das Gemüse. Beispielsweise enthalten die Blätter der Roten Bete dreimal so viel Eisen und Magnesium, sechsmal so viel Vitamin-C, siebenmal so viel Calcium, fast 200mal so viel Vitamin-A und 2000mal so viel Vitamin-K als die Knolle der Roten Bete selbst. Viele nehmen aufgrund der nachlassenden Lebensmittelqualität und der ungesunden Ernährung zu wenig Vitalstoffe zu sich, was die Entstehung aller Zivilisationserkrankungen mitbegünstigt.

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Da du dich in deiner Diplomarbeit kritisch damit auseinandersetzt: Was steckt wirklich hinter all diesen Tipps und Rezepten? Wie wirkungsvoll sind auch deine Smoothies, kannst du das ganz ehrlich sagen?

Es gibt kein allgemeingültiges Allheilmittel, das für alle Menschen gleich gut wirkt und keinen Grünen Smoothie, der alle Krankheiten heilt. Wer etwas anderes behauptet, disqualifiziert sich meiner Meinung nach selbst. Denn wie bereits erwähnt, ist jeder Mensch anders. Die Smoothies, die ich mache, sind ein erster Schritt um die Ernährung zu verbessern, bei dem man sehr schnell spürt, wie gut der Körper funktionieren kann, wenn man ihm gesunde, frische Lebensmittel zuführt. Genau bei diesem Schritt will ich die Menschen unterstützen. Darum kreiere ich Rezepte und gebe Tipps.

Du hast ja doch eine beachtliche Community mit Grüne Smoothies aufgebaut. Wie schafft man das?

Der Erfolg basiert aus gleichen Teilen Onlinemarketing Know-how, Disziplin über 2 Jahre und dem Glück, dass Smoothies im deutschen Sprachraum boomen. Ich habe einfach viel ausprobiert, schaue mir einiges von den internationalen Spitzenseiten ab, verfolge die neuesten Facebook-Trends, poste jeden Tag seit fast 2 Jahren und kommentiere und antworte so schnell wie möglich auf die Fragen der Leute. Das hat nun zu fast 84.000 Facebook Fans und über 100.000 monatlichen Website Besuchern geführt.

„Ich bin kein Freund vom Schwarz-Weiß-Denken“

Wie stehst du zum Thema Veganismus/Vegetarismus?

Ich bin kein Freund vom Schwarz-Weiß-Denken. Ich finde am Veganismus bzw. Vegetarismus gut, dass sich die Leute mehr Gedanken zum Thema Ernährung machen und ein geringerer Konsum der tierischen Lebensmittel zu einer besser körperlichen Verfassung führt, sowie die Umwelt schont. Wir können langfristig nicht in dem Ausmaß Fleisch konsumieren, wie wir das jetzt machen, sonst zerstören wir uns und unseren Planten. Ich halte den Veganismus dann für bedenklich, wenn er er zu dogmatisch, fanatisch und zu kopflastig betrieben wird. Ich war selbst knapp 3 Jahre aus gesundheitlichen Gründen vegan und vegetarisch und muss eingestehen, dass mein Körperbewusstsein zum damaligen Zeitpunkt nicht gut genug ausgeprägt war. Auch der soziale Druck in sozialen Situationen spielte damals eine nicht zu unterschätzende Rolle für mich, wobei sich das heute aufgrund des Trends entspannt hat. Heute bin ich vielleicht 80-90% Veganköstler, bezeichne mich nicht mehr als solcher und mir geht es viel besser als früher.

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Ergänzende Infos:

“Weltweit sind Zivilisationskrankheiten für 63 Prozent der 57 Millionen weltweiten Todesfälle verantwortlich, zeigt der Global Status Report der WHO. „Nichtübertragbare Krankheiten sind heute die zentrale Bedrohung der Gesundheit der Menschen und belasten die Gesundheitssysteme. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegs-Erkrankungen, Diabetes und Krebs machen in den 53 Ländern der WHO-Region Europa 77 Prozent der Krankheitslast aus und sind die Ursache für 86 Prozent aller Todesfälle“, sagt Günther Leiner, Präsident des European Health Forum Gastein.”
(Zitat von http://derstandard.at/1308680428544/Zivilisationskrankheiten-86-Prozent-sterben-an-chronischen-Erkrankungen)

Beispiel Umwelt:

“Forscher der University of Maryland analysierten die Flächenentwicklung der tropischen Regenwälder mittels Computeranalyse von 5.500 Satellitenbildern. Von 2000 bis 2010 betrug die jährliche Regenwaldabholzung 6,5 Mio Hektar. Das entspricht einer Zunahme von 62 Prozent gegenüber dem Vorjahrzehnt und der doppelten Fläche Deutschlands. Haupttreiber für die Beschleunigung der Regenwaldabholzung ist vor allem der steigende Bedarf nach Ackerflächen und Holz”

(Zitat von http://www.sonnenseite.com/de/umwelt/regenwaldabholzung-nimmt-dramatisch-zu.html)

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Was machst du eigentlich, wenn du dich nicht mit Ernährung beschäftigst – zB in deiner Freizeit?

Zeit mit anderen Menschen verbringen oder Sport betreiben. Ab und zu spiele ich Fußball oder ich gönne mir eine Yoga-Stunde.

Was ist deine Motivation, dein Antrieb? Welche Ziele möchtest du mit deinem Schaffen erreichen?

Meine Mission ist es, möglichst vielen Menschen über die Onlinemedien zu einer gesünderen Ernährung und somit zu einem gesünderen Leben verhelfen. Ein kurzfristiges Ziel ist es, Buchautor zu werden, was wahrscheinlich schon Anfang 2016 in Erfüllung geht (schmunzelt).

Langfristig ist es der Aufbau einer Online-Ernährungsschule, wo ich Menschen helfe ihre persönliche perfekte Ernährung zu finden und Schritt für Schritt bessere Ernährungsgewohnheiten aufzubauen. Im besten Fall wird es zu einem Pflichtfach in der echten Schule, um bereits bei Kindern frühzeitig die Weichen in puncto Ernährung zu stellen. Je früher wir den richtigen Umgang mit Ernährung und Lebensmitteln lernen, umso einfacher ist es. Daher halte ich gerade Eltern und Lehrer an, sich und ihre Kinder mehr damit auseinanderzusetzen. Gesundes Essen soll Spaß machen und lecker schmecken.

Foto: Lorin Canaj / Helden-von-heute.at
Foto: Lorin Canaj / Helden-von-heute.at
Bei all diesem Engagement: Welchen Stellenwert nimmt Geld in deinem Leben ein?

In unserer Gesellschaft hat es einen wichtigen Stellenwert, der zwar nicht ausschlaggebend für Gesundheit und Glück ist, aber dennoch das Leben erleichtert und viele Möglichkeiten eröffnet. Zum Beispiel: Man kann Dinge auslagern, die man selbst nicht so gut kann, wodurch man mehr Zeit für seine Stärken hat. So wird es schon einfacher, seine Visionen zu verwirklichen. Man kann sein Wissen durch Seminare bei Experten erweitern und um die ganze Welt fliegen, um von ihnen persönlich zu lernen. Man kann in Unternehmen investieren, die Gutes stiften und man kann seiner Familie ein Stückchen mehr Sicherheit bieten. Daher ist mir Geld wichtig und daher will ich viel Geld verdienen.

Würdest du von dir behaupten, glücklich zu sein?

Eine sehr philosophische Frage. Je nachdem, wie man Glück definiert. Rein von den äußerlichen Faktoren, also meinem Beruf, Wohnort, Körper und Menschen in meinem Leben, bin ich sehr glücklich. Und ich bin dankbar, weil ich mit vielen Dingen, Möglichkeiten und Voraussetzungen gesegnet bin, die andere Menschen nicht haben. Am langfristigen und tiefgründigen Glücklichsein muss ich noch etwas arbeiten. Meiner Meinung nach schafft man das nur, wenn man sein Denken und sein Ego besser kontrollieren kann. Und man muss mehr im Moment leben. So wie es Eckhart Tolle in seinem Buch “The Power of Now” beschreibt.

Wie definierst du den Begriff Held?

Ein Held ist für mich jeder, der sich wagemutig dem Leben stellt, die Herausforderungen annimmt und am Ende die Welt ein bisschen besser hinterlässt. Das kann eine Mutter sein, die mit all ihrer Energie großartige Kinder heranzieht, ein Ingenieur, der Autos sicherer macht oder ein Musiker, der gute Stimmung verbreitet.

Würdest du dich als Held bezeichnen?

Sagen wir so: ich bin im Moment auf einem guten Weg dahin. Wenn ich es schaffe, mir selbst treu zu bleiben und meine Visionen zu verwirklichen, würde ich mich als solch einer bezeichnen, aber ich bin noch jung und es kommen noch viele Herausforderungen.

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