„Weil man sich wäscht und schminkt ist man noch lange nicht doof“

Katia Wagner, für viele ist sie das „Enfant terrible“ der KMU-Szene, in Medien wurde sie als „Wut-Beauty“ bezeichnet und auf ihren Social Media-Channels von Tausenden für ihren Mut und ihr Engagement gefeiert und kritisiert gleichzeitig. Seit einer Fehde mit dem Arbeitsinspektorat Anfang 2017, ist die ehemalige Beauty-Salon-Besitzerin so etwas wie die inoffizielle Sprecherin der österreichischen Unternehmerwelt, im Kampf gegen die Absurditäten des Bürokratiewahnsinns.

Die Geschichte selbst ist bekannt, kann im Detail gerne hier nachgelesen werden, ging kurz zusammengefasst so: Nach erfolgreichen Geschäftsjahren, in denen Katia Wagner unzählige Arbeitsplätze geschaffen hat und stets allen Auflagen gerecht wurde, beanstandete ein Arbeitsinspektor plötzlich, dass ihre Intim-Waxing-Kabine im Wiener Innenstadtgeschäft kein Fenster habe. Das wollte sich die Zahnmedizinstudentin so nicht mehr gefallen lassen, verlegte die Waxing-Zone in die Geschäftsauslage und begleitete die Aktion mit einem verbal geschliffenen Facebookpost, gerichtet an die Arbeitsinspektoren. Das Resultat ist dem gelernten Österreicher, hochgezüchtet mit dem bekannten Leitsatz „Hände falten, Goschn halten“, geläufig: Skandal!

„Ich bereue nicht ein Satzzeichen“

Gewerkschaften und Arbeiterkammer schossen sich auf sie ein. Politiker wie Ex-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner besuchten Wagner und inszenierten sich medienwirksam. Das Resultat, ebenso österreichisch: Keine Veränderungen für Unternehmer, dafür Unternehmens-, Steuer-, Finanz- und diverse andere Prüfungen für Katia. Die hat mittlerweile ihre Anteile an der Firma, die sie 2013 mit Freunden aufgebaut hatte, veräußert und ist beratend in der Kosmetikbranche tätig, hat neben einem Handelsunternehmen ihre Social Media-Agentur und eine eigene Kolumne in der Kronen Zeitung. Vor allem aber kämpft sie für Klein- und Mittelständische Unternehmen. Ihr Ziel: Den Ruf der Arbeitgeber in Österreich zu verbessern. Wir haben uns mit der zielstrebigen Hundeliebhaberin – ihre englische Bulldogge Heidi ist ihre treue Begleiterin – zum Gespräch getroffen.

„Ich bereue nicht ein Satzzeichen, ich würde alles noch einmal so machen“, antwortet Katia gleich zu Beginn auf die Frage, ob sie diese Posting-Sache nicht schon nerve. Im Gegenteil: „Ich habe persönlich viel Positives daraus gezogen. Grundsätzlich sehe ich jedes Feedback als lehrreich an. Ich kann gut mit Kritik umgehen, deswegen habe ich keine Probleme, wenn jemand einmal nicht meiner Meinung ist, solange man dabei gesittet bleibt. Für mich war das eine Challenge. Ändern kann ich es nicht, also mache ich das Beste daraus.“

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„Nur weil man sich wäscht und schminkt ist man noch lange nicht doof“

Von vielen Medien und Kritikern wird das ehemalige Model heute noch gerne in die Rolle der oberflächlichen Mode-Tussi und Beauty-Queen gedrängt. Selbst steht Katia über diesen Dingen: „Das ist oberflächlich und dumm. Nur weil man sich wäscht und schminkt ist man noch lange nicht doof. Es ist nur einfacher, jemanden einordnen zu können.“ Natürlich werde man als gepflegte Frau in eine gewisse Schublade gedrängt und unterschätzt. Medien bräuchten eben plakative Storys und gute Bilder, da habe sie die Not zur Tugend gemacht: „Wenn ich schon dieses Minus habe, dass manche mich auf den ersten Blick für blöd halten könnten und mich deswegen unterschätzen, versuche ich einen Nutzen daraus zu ziehen, das Momentum zu nützen und mit Kompetenz zu überraschen.“ Und es hat funktioniert. Wie? „Ich bin ein sehr komplexbefreiter Mensch, weiß was ich kann, wo meine Stärken liegen und ich bin mir für nichts zu schade. Ich habe nie Angst davor gehabt, dass meine Arbeit im Kosmetiksegment ein schlechtes Image auf mich als Person wirft. Ich hab es immer als Business gesehen. Wäre es eine Autowerkstatt gewesen, hätte ich auch diese geführt.“

Von New York nach Wien importiert

Begonnen hat alles während eines New York-Aufenthalts 2012. Katia war von den dortigen Walk-In-Nagelstudios begeistert.„Zurück in Wien habe ich mich geärgert, dass es so etwas in Österreich nicht gibt. Ich wollte das Hinterhof-Image des Nageldesigns ändern“, erzählt sie. Gesagt getan: Sie erzählt ein paar Freunden von der Idee, die sind angetan davon und investieren. „Ich habe mir das damals so einfach vorgestellt: Ich verkaufe eine Idee, leite die Geschäfte und alles ist gut. Das war in der Realität natürlich ganz anders“, so das ehrliche Geständnis. Von da an hieß es: Arbeitsstress pur. Denn die Idee kam so gut an, dass das Lokal vom ersten Tag an überquillt. Nach kurzer Zeit kann sie zwei ihrer Investoren auszahlen und übernimmt deren Firmenanteile. Doch für Katia ist klar: als Geschäftsführerin muss sie eine Ahnung haben, was ihre Mitarbeiter leisten. Also beginnt sie mit Nageldesign-Ausbildungen. Parallel zu ihrem Studium der Zahnmedizin: „Ich habe damals gerade die Praxiszeit in der Zahnklinik gemacht und bin im Anschluss in den Nageldesignkurs gefahren. Das war schon skurril – vom Chirurgie Saal zur Nageldesignschulung. Zwei verschiedene Welten und es war eine anstrengende Zeit.“ Warum sie sich das angetan hat, möchte ich wissen. Für Katia keine Frage, die sich stellt: „Um mitreden zu können, weil man natürlich ein anderes Standing bei den Mitarbeitern hat, wenn man weiß wie es funktioniert. Die Leute, die in ihren Jobs erfolgreich geworden sind, haben alles von A bis Z selbst durchgemacht. Ich habe auch die Fliesen im Geschäft selbst gelegt.“

Katia Wagner, Foto: Privat
Katia Wagner, Foto: Privat

„Ich werde lieber unterschätzt und mache mit meinen Handlungen mundtot“

An die große Glocke gehängt hat sie das alles bisher nie. Warum? Ihr Motto: „Ich werde lieber unterschätzt und mache die Leute mit meinen Handlungen mundtot, bevor ich überschätzt werde und Menschen enttäusche, weil ich ihren Erwartungen nicht entspreche.“ Ein Grund, wie sie sagt, warum sie ihr Studium der Zahnmedizin zwar fast fertiggestellt, aber die Diplomarbeit noch nicht abgeschlossen habe: „Irgendwann werde ich sicherlich abschließen, allerdings habe ich da keinen Stress. Für mich hat der Doktortitel auch ein wenig Abschreckendes. Ich fände es derzeit komisch, mit Frau Dr. angesprochen zu werden (lacht). Ich brauche keinen Titel für mein Ego.“ Natürlich würden von Seiten ihrer Familie und Freunden immer wieder Stimmen laut, die sie lieber als Vollblut-Zahnärztin sehen würden, gibt sie zu, aber ergänzt sogleich: „Ich bin schmerzbefreit bezüglich dessen, was andere von mir halten. Man muss durchziehen, was man sich vorgenommen hat.“

Ihre ehrliche Art und Liebe zur Meinungsmache, hat der 29-Jährigen mittlerweile einen Job als Kolumnistin für die größte österreichische Tageszeitung, die Kronen Zeitung, eingebracht. Dort tut sie wöchentlich ihre Meinung zur politischen Lage des Landes kund und möchte durch ihr Auftreten auch das Rollenverständnis der Frau verändern. „Keine Frau muss sich schämen, dass sie eine Frau ist. Es sollte egal sein, welches Geschlecht man hat und ob man gestylt ist oder nicht. Das sollte in keinem Beruf eine Rolle spielen. Es gibt genügend positive Beispiele von starken Frauen, die nicht ihre weiblichen Attribute verstecken müssen, um sich durchsetzen zu können.“

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„Ich habe mich nie einem Mann unterlegen gefühlt“

Es sei natürlich klar, dass das nicht so einfach ist, räumt sie ein. Blicke man in die Chefetagen sitzen dort nach wie vor fast nur Männer an den Tischen. „Nicht weil Frauen es nicht können, sondern weil Frauen es schwieriger haben sich in diese Männerriegen einzureihen. Deswegen braucht es starke Frauen, die den Mund aufbekommen und – salopp gesagt – sich nix scheißen. Ich habe mich noch nie einem Mann unterlegen gefühlt, sondern weiß, dass ich genau alles kann, was auch ein Mann leistet.“

Mit ihren Geschichten will sie Frauen in der Wirtschaft und Unternehmerinnen bestärken – und gleichzeitig dafür arbeiten, dass sich was an der Lage im Land ändert: „Ich habe immer schon den Anspruch gehabt, in Österreich Unternehmerin zu sein. Ich möchte mir nicht überlegen müssen, in welches Land ich gehe, um Geld verdienen zu können. Wir leben in einer globalisierten, wettbewerbsorientierten Welt. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn Unternehmen das Land verlassen, wenn wir so enorm hohe Steuersätze und bürokratische Hürden haben. Viele junge, unternehmerisch tätige Menschen gehen ins Ausland, weil es hier so schwierig ist. Und das ist schade. Know-how, das hierzulande entwickelt wurde, geht verloren.“

„Man muss einem Unternehmer zumuten, dass er wirtschaften kann“

Mit einer Österreicherin als Mutter und einem asiatischen Vater habe sie die Grenze nie an den österreichischen Linien enden gesehen. „Mit Sicherheit hätte ich es in anderen Ländern leichter gehabt. Klein- und Mittelbetriebe haben es in Österreich nicht einfach. Und das sage nicht nur ich, das sagen sehr, sehr viele Unternehmer. Jeder davon hat mindestens eine Geschichte erlebt, nach der er gedacht hat: ich lasse es sein.“ Sie habe unzählige Schreiben mit wildesten Geschichten von Unternehmern erhalten, die aber alle nicht mit Namen genannt werden möchten. Aus Angst vor Restriktionen. „Genau das dürfen wir nicht kleinreden. Man muss doch einem Unternehmer zumuten, dass er wirtschaften kann und für sein Unternehmen und seine Mitarbeiter sorgen kann. Bei vielen Dingen hat der Staat einfach nichts verloren. Wenn ich ein schlechter Unternehmer bin, kommen keine Kunden zu mir, dann verdiene ich kein Geld. Wenn ich ein schlechter Arbeitgeber bin, habe ich keine guten Mitarbeiter, die es für ein erfolgreiches Unternehmen braucht.“

„Finde falsch, dass hier so eine miese Stimmung gegen Arbeitgeber aufgebaut wird“

Das große Problem sieht Katia aber in der schlechten Stimmung gegenüber Arbeitgebern generell. „In Österreich gibt es in manchen Kreisen wenig Verständnis dafür, dass ein Arbeitgeber wichtig ist und Arbeitsplätze schafft. Wenn man die Zeitung aufschlägt und eine Gewerkschaftsmitteilung ansieht ist jedes zweite Wort ‚Missstand‘ oder ‚Ausbeutung‘. Ich finde das grundlegend falsch, dass hier so eine miese Stimmung gegen Arbeitgeber, von denen die allermeisten ordentlich und fleißig arbeiten, viele Steuern zahlen und eine hohe Verantwortung tragen, aufgebaut wird.“

Es müsse vielmehr gelten, sich an erfolgreichen Menschen zu orientieren, um etwas für sich zu lernen. „Mich beeindrucken Menschen mit Ambitionen und Menschen, die etwas geschaffen haben. Mich beeindrucken Menschen, die den Mund aufbekommen und ihr Ding machen. Ich glaube, es gibt keine Person, wo ich nicht etwas finden kann, um Neues für mich zu lernen. Von jeder Person, mit der man zu tun hat, nimmt man etwas für sich mit.“ Neidgefühl bringe jedenfalls niemanden weiter.

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„Man braucht sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer“

Natürlich gäbe es schwarze Schafe – auf beiden Seiten. Deswegen plädiert Katia für ein stärkeres Miteinander, vor allem in der Wortwahl der Politik: „Besonders wenn es pauschal heißt ‚Die Unternehmer‘ oder ‚Die Wirtschaft‘ sind so böse oder zahlen keine Steuern. Wer ist überhaupt „die Wirtschaft“? 99,7% der Unternehmer sind Klein- und Mittelunternehmer, die meist kein privilegierteres Leben führen als Arbeitnehmer oder Beamte. In meinen Augen sollte die Politik sehr vorsichtig bei Formulierungen sein. Denn wenn die Politik von vornherein meint: der Unternehmer ist ein reicher Ausbeuter, was vermittelt man dann der Gesellschaft? Man könnte beispielsweise vermitteln, dass man sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer braucht, weil dadurch die Wirtschaft erst funktioniert.“

Man merkt schnell: es ist ein absolutes Herzblutthema, über das wir hier sprechen. Angst, dass sie noch einmal irgendwo anecken könnte hat Katia gar nicht. Bleiben lassen kann sie es sowieso nicht: „Ich werde bis an mein Lebensende sagen, was ich mir denke. Und damit stelle ich mich vor Klein- und Mittelbetriebe und versuche ihnen auf meine Art zu helfen und das Bewusstsein zu schärfen.“

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