„Mein inneres Kind ist noch quicklebendig“

Er ist der Tom Cruise der Osterhasen, Agent OO – und er hat wahrlich eine Mission Impossible: Geschenke verstecken ohne aufzufliegen. Und das in unserer Überwachungsgesellschaft! Das ist die Handlung des neuen Kinderbuchs von Katharina Mauder. Die 35-Jährige lebt und textet in der Hansestadt, mittlerweile erfolgreich als selbständige Autorin, Lektorin und Online-Redakteurin. Was die 35-Jährige Süddeutsche in den Norden verschlagen hat und woher die kreative Textakrobatin ihre Ideen nimmt, erzählt sie im Heldeninterview.

Liebe Katharina, kannst du dich kurz vorstellen, wer bist du, was machst du, von wo kommst du?

Ich bin 35 Jahre alt und komme aus einem Dorf im Südwesten Deutschlands. Nach Stationen in Iowa, Bochum, Frankfurt, Südafrika, Freiburg und noch vielen anderen Orten, hat es mich der Liebe wegen ins schöne Hamburg verschlagen. Trotz des für ein Südkind etwas furchtbaren Wetters lebe ich hier seit gut zwei Jahren glücklich und zufrieden und baue stetig meine Selbständigkeit als Autorin, Lektorin und Online-Redakteurin aus.

In deinem neuen Kinderbuch schickst du den Osterhasen auf geheime Mission – wie bist du auf diese Idee gekommen?

Ich suchte nach einem Stoff für ein originelles Osterbilderbuch. Es sollte vor allem sehr viel Spaß machen und die kreativen und „rabaukigen“ Kinder und deren Väter (aber natürlich auch gerne die Mütter!) ansprechen. Und ich liebe es, zwei ungewöhnliche Ideen miteinander zu verbinden. Also habe ich mich gefragt, wie es wohl einem Osterhasen in der heutigen Zeit, fernab der Nostalgie-Idylle ergehen würde. Da bin ich über die Idee, dass dieser Osterhase bei all den Überwachungseinrichtungen schon eine ziemlich tolle Geheimagenten-Ausrüstung bräuchte, förmlich gestolpert.

In deiner Beschreibung steht: Du konzentrierst dich seit vielen Jahren auf Kinderbücher. Wie ist es dazu gekommen?

Als typische Abiturientin hatte ich wenig Plan über meine Zukunft, Hauptsache „irgendwas mit Medien“ sollte es sein. Erst kurz vor meinem Bachelor in Medienwissenschaft hatte ich endlich die Erleuchtung, dass ich unbedingt im Kinderbuchbereich arbeiten will. Die Vorstellung, mit diesen vor Kreativität nur so übersprühenden Texten und Illustrationen täglich arbeiten zu dürfen, ließ mich innerlich geradezu Purzelbäume schlagen. Also machte ich diverse Praktika in Verlagen und einer Kinderbuchhandlung und absolvierte noch ein komplettes Magisterstudium der Germanistik mit Schwerpunkt auf Kinder- und Jugendliteratur.

Anschließend arbeitete ich knapp fünf Jahre lang im Schwarzwald als Kinderbuchlektorin. Fast zeitgleich begann ich aber auch, für den gleichen Verlag als freie Autorin zu schreiben, was mich genauso begeisterte wie die Verlagsarbeit. Seit ich Vollzeit selbständig bin, schreibe und lektoriere ich neben dem Kinder- und Familienbereich auch regelmäßig und sehr gerne für Erwachsene, aber die Kinderprojekte bringen meine Augen doch nach wie vor am meisten zum Leuchten!

Wie schreibt man gezielt für Kinder? Ich kann mir vorstellen, dass das eine Herausforderung ist. 

Ich glaube, es ist eine meiner großen Stärken, mich in verschiedenste Zielgruppen hineinversetzen zu können. Das ist bei jeglichem Schreiben eine enorme Hilfe! Im Fall der Kinder liegt das sicherlich auch daran, dass mein eigenes inneres Kind noch quicklebendig ist und allerlei Flausen im Kopf hat. Ich muss mich also (fast) nur daran orientieren, was mir selbst gefällt und Spaß macht. Natürlich rutschen auch mir manchmal zu komplexe Wörter, Sätze oder Gedanken in einen Text, aber dafür gibt es ja Überarbeitungen – von mir selbst und auch von meiner Lektorin.

Du hast dich vergangenes Jahr selbständig gemacht, war das immer ein Wunsch von dir?

Tatsächlich war das zwar ein Langzeitziel, aber so schnell war es nicht geplant. Das Schicksal (oder wer auch immer) hat mich förmlich zu diesem Glück gezwungen. Denn als ich nach einer Weltreise nach Hamburg kam und mich auf Jobsuche begab, wollte mich partout niemand einstellen. Entweder sie fanden mich unter- oder auch überqualifiziert, zu unerfahren oder zu spezialisiert, zu alt, zu jung, zu weiblich. Gleichzeitig lief es aber in meiner nebenberuflichen Selbständigkeit immer besser. Ich bekam tolle Rückmeldungen und neue Auftraggeber, ohne mich groß um Akquise zu kümmern. Ich habe dieser Zaunpfahl-Winkerei des Schicksals also schließlich nachgegeben – und es war eine der besten Entscheidungen meines Lebens!

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Wie gut kann man als freie Autorin – insbesondere Kinderbuchautorin – leben?

Leider ist genau das die wenig bekannte Schattenseite der sonst so glänzenden Medaille: In der Buchbranche verdient man generell sehr wenig, die Autoren mit am wenigsten und die Kinderbuchautoren sogar noch weniger! Denn natürlich müssen die Illustratoren ebenfalls bezahlt werden, die farbigen Kinderbücher sind deutlich aufwendiger und teurer in der Produktion als reine Textbücher für Erwachsene, aber dennoch können sie oft nur zu günstigeren Preisen verkauft werden. Und zu allem Überfluss wird es in den letzten Jahren, beispielsweise durch sehr viele ausländische Lizenzen, immer schwieriger für deutschsprachige Schriftsteller.

Als kleiner Autor, ja sogar als grundsolider mittelständischer Autor, muss man sich also eine gute Strategie austüfteln, um überleben zu können. Manche Schnellschreiber schaffen das über eine enorme Menge an Büchern. Andere gehen nebenher einem Brotberuf nach oder arbeiten gleichzeitig in besser bezahlten Text-Bereichen. Wieder andere geben viele Schullesungen oder Schreib-Workshops. Ich selbst habe ja auch mehrere Standbeine und tüftele noch an der perfekten Balance in dieser Mischkalkulation. So bleibt es auf jeden Fall spannend!

Was ist dir (dabei) wichtiger: Die Zeit für deine Kreativarbeit oder das Geld?

Beides! Zwar muss ich nicht reich werden, aber es ist mein Beruf, dem ich mit viel Engagement und hohem Qualitätsanspruch nachgehe. Also lege ich bei aller unbändigen Liebe für diese kreative Arbeit auch Wert auf eine angemessene Bezahlung. Zumal die Qualität von Kindermedien uns ja allen am Herzen liegt und entsprechend honoriert werden sollte.

Selbst Texter und Autor, weiß ich wie schwierig es sein kann kreativ zu sein: Wie und wo holst du dir Inspiration?

Da habe ich das große Glück, dass es in meinem Kopf meist vor Ideen nur so wimmelt. Jeden Tag lösen große, aber auch winzig kleine Erlebnisse Gedankenketten aus. Fast wie ein Schwarm Fliegen (oder eben Flausen) summen sie durch meinen Kopf, und es ist eher die Schwierigkeit, die wirklich Guten von den nicht ganz so Guten zu unterscheiden. Außerdem muss ich sie rechtzeitig „einfangen“ und aufschreiben – auf Zettel, Blöcke, in Notizbücher, die ich fast immer und überall dabei und herumliegen habe. Denn die Ideen verschwinden genauso schnell wieder, wie sie gekommen sind. Dann kann es auch bei mir zu Blockaden kommen, wenn ich zum Beispiel auf Kommando kreativ sein soll. Aber zum Glück halten diese nie sonderlich lange an, denn das nächste kleine oder große Erlebnis wartet ja immer hinter der nächsten Ecke.

An welchen neuen Projekten arbeitest du aktuell?

Beruflich darf ich einiges davon leider noch nicht verraten. Aber ich konzipiere unter anderem gerade mit einer anderen Autorin gemeinsam eine sehr ausgedehnte Schreibwerkstatt für Kinder aus benachteiligten Bildungsschichten – passenderweise unter dem Titel „Auch Helden fangen klein an“. Und nach vielen Bilder- und Vorlesebüchern möchte ich bald endlich mein erstes Buch für selbstlesende Kinder schreiben. Privat bereite ich mich übrigens gerade mit den Seagulls, dem Hamburger Ultimate Frisbee Damen-Team auf die Club-Weltmeisterschaften im Juli in den USA vor. Mal sehen, ob wir da Deutschland und Europa auch heldenhaft vertreten können!

Wer sind deine Heldinnen und Helden?

Alle Menschen, die sich in den heutigen egozentrischen Zeiten ganz selbstlos für andere oder einen guten Zweck einsetzen; die sich engagieren, obwohl sie nichts (oder wenig) dafür bekommen. Außerdem alle, die den Mut haben, für ihre Überzeugungen einzustehen, die echte Zivilcourage beweisen und nicht immer den einfachsten und sichersten Weg wählen. Und ganz definitiv auch alle vorlesenden Eltern und – weil sie leider so viel seltener sind – speziell die vorlesenden Papas, die eine so wichtige Vorbildfunktion für ihre Sprösslinge innehaben!

Würdest du dich trauen, dich selbst als Heldin zu bezeichnen?

Abgesehen von den Momenten, in denen ich mir ein Handtuch-Cape umwerfe, den Arm in die Höhe reiße und „Auf, auf und davon!“ rufe?! Eher nicht. 😉

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