Julia Sobieszek ist eine der erfolgreichsten Kultur-Managerinnen des Landes. Sie managt mit Pizzera & Jaus das erfolgreichste Musik-Kabarett-Duo Österreichs seit der EAV sowie Thomas Brezina oder Gregor Seberg. Und ist auch sonst keine, die sich auf der faulen Haut ausruht. Ihre Agentur gibt es seit 13 Jahren, ihre Filmproduktion seit drei Jahren. Darüber hinaus hat sie die IG Kabarett gemeinsam mit Branchenkolleginnen wie Alexa Ötzlinger gegründet, den österreichischen Kabarettpreis und zwei Bücher geschrieben. Ein spannendes Gespräch mit einer Frau, die den Humor zu ihrem Job gemacht hat – und alles hat damit begonnen, dass sie in Viktor Gernot verliebt war.
Wann und wie bist du das erste Mal mit Kabarett in Kontakt gekommen?
Ich war mit 14 Jahren in Viktor Gernot verliebt – aus der Ferne, weil er eine ORF Sendung moderiert hat. Um ihn live zu sehen, habe ich eine Kabarettvorstellung im Simpl besucht. Das hat mir dann getaugt, und daraufhin hab ich begonnen ganz viel Kabarett zu konsumieren. Live, auf VHS, auf CD, ich habe Bücher darüber gelesen… was mir halt so unter gekommen ist. Ich hab damals auch neben dem Gymnasium bei einer Fotoagentur gearbeitet und für die Salzburger Nachrichten geschrieben und auch hier probiert soviel wie möglich über Kabarett zu berichten.
Wolltest du schon immer lieber managen? Hat es dich nie selbst auf die Bühne gezogen?
Ganz zu Beginn wollte ich selbst auf die Bühne. Den Plan hab ich aber dann wieder sein lassen, ich fühle mich hinter der Bühne einfach wohler. Aber ab und zu was zu schreiben, das macht mir immer noch Spaß.
Was kann Kabarett in deinen Augen vermitteln bzw. Mitgeben, was andere Kunstformen (wie ein Popkonzert etwa) nicht können – oder sollte man das gar nicht so drastisch abgrenzen?
Kabarett kann so vieles sein. Es gibt Musikkabarett, es gibt Kabarettstücke, Stand up, Politsatire. Ich denke der große Überbegriff ist das Lachen. Ein klassisches Popkonzert hat das weniger, aber auch hier: Was ist schon klassisch? Die EAV machen mit ihren Songs auch Kabarett. Pizzera & Jaus sowieso.
Apropos: Du bist ja auch Managerin von Pizzeria & Jaus, das wohl erfolgreichste Kabarett-Austropop-Crossover der letzten Jahrzehnte (und zumindest seit der EAV, in meinen Augen): Wie kam es zu der Zusammenarbeit und was sind die beiden in deinen Augen eher: Kabarettisten oder Musiker? (Oder schließt sich hier wieder der Kreis zu Frage 3 und man kann beides wirklich nicht voneinander abgrenzen)
Ich hab Otto (Jaus) 2012 kennengelernt als er im Simpl gespielt hat. Nach einer Vorstellung sind wir in einer Runde im Engländer zusammen gesessen und da hat er mir um zwei Uhr Früh erklärt, dass er gerne ein Soloprogramm machen möchte. Das war der Anfang unserer Zusammenarbeit. Durch die lange Nacht hat er wiederum Paul (Pizzera) kennengelernt und es war für die beiden rech schnell klar, dass sie ein gemeinsamen Projekt angehen wollen. Paul hatte bereits ein Management, Otto kam bei mir unter Vertrag gemanagt, und gemeinsam betreuen wir nun das Duo Pizzera & Jaus.
Ich finde generell wird zu viel Zeit damit verbracht etwas zu bezeichnen oder in eine Schublade zu stecken. Comedy, Kabarett, Satire, Musikkabarett… Ich brauch keine Unterkategorien. Sie selbst bezeichnen sich als Musikkabarettisten und so sehe ich das auch. Das Album ist weniger Kabarett, auf der Bühne sind Elemente von beidem vorhanden.
Humor und Lachen sind die Essenz meines Jobs.
Julia Sobieszek
Du hast bereits zwei Bücher geschrieben: In einem gehst du auf die Geschichte des Simpl ein, im anderen geht es ums Kochen. Zwei doch sehr unterschiedliche Bereiche. Wie kam es dazu und kann man behaupten, dass sich der Humor wie ein roter Faden durch dein Leben zieht?
Der Simpl war – durch Viktor Gernot, wie ich vorhin erzählt habe – einer meiner ersten Berührungspunkte im Kabarett. Das Haus, die Revue, die Geschichte haben mich fasziniert. Deshalb habe ich meine Matura-Fachbereichsarbeit darüber geschrieben und daraus ist drei Jahre später ein Buch geworden. Die Idee zum Kabarettisten-Kochbuch ist mir im Engländer (auch das Engländer zieht sich als roter Faden durch wie du merkst 😉 ) bei ein paar Spritzern gekommen, nachdem ich bemerkt habe wieviele KabarettistInnen gerne essen und kochen.
Humor und Lachen sind die Essenz meines Jobs. Ich habe ja doch einige Standbeine, die Agentur als Herzstück und seit drei Jahren gibt es die Filmproduktion mit Jan Frankl: Mutterschifffilm sowie den Kabarettpreis den ich organisiere. Und alles hat mit Humor und Lachen zu tun. Ich lache gerne und viel. Egal was passiert, man sollte nie den Humor verlieren und auf das Lachen vergessen. Es macht vieles erträglicher. Gerade jetzt mit Corona hat sich das einmal mehr gezeigt.
Offen gesprochen: Wie wird man in der Kunstszene eine erfolgreiche Managerin – ist das deiner Meinung alles nur harte Arbeit oder gehört auch das nötige bisschen Glück dazu, die passenden Kontakte und Begegnungen im richtigen Moment?
Es ist immer Glück dabei! Aber Glück alleine reicht nicht. Ja, ich hatte Glück, die richtigen Menschen zur richtigen Zeit, am richtigen Ort kennenzulernen. Aber ohne harte Arbeit, Engagement und Ideen würde es nicht aufgehen – und wäre längst nicht so beständig. Meine Agentur gibt es immerhin schon 13 Jahre. Die Mutterschiff-Filmproduktion seit drei Jahren. Da ist mehr harte Arbeit und Durchhaltevermögen dahinter als Glück.
Was man von davon ableiten könnte ist, dass du offensichtlich nicht „nichts“ tun kannst. Brauchst du immer neue Herausforderungen?
Ich arbeite gerne, weil ich das wahnsinnige Glück habe, dass mein Job gleichzeitig mein Hobby ist. Ich kann sehr gut nichts tun – nur ist halt immer was zu tun (lacht). Ich bevorzuge Herausforderungen statt Monotonie. Ich schrecke nicht vor Neuem zurück. Beispielsweise habe ich heuer bei der Wirtschaftskammerwahl kandidiert, was etwas ganz Neues für mich war. Die IG Kabarett und der Kabarettpreis sind eher entstanden, weil ich gerade sah, dass es in diesen Bereichen dringenden Handlungsbedarf gab. Also habe ich die Chance ergriffen und gehandelt. Das sind beides Projekte die kein Geld bringen, im Gegenteil, aber sie sind für die Branche sehr wichtig. Das sehe nicht nur ich so, sondern auch KollegInnen die hier ebenso fleißig anpacken.
Was könnte da in Zukunft noch alles warten – kannst du dir auch vorstellen etwas außerhalb deiner Branche zu machen?
Einen Branchenwechsel habe ich nicht vor – dafür arbeite ich viel zu gerne in der Kultur- und Medienbranche. Und es wird mir nicht fad hier. Aber wer weiß schon, was in 20 Jahren ist. Organisieren und Ideen haben kann man ja überall.
Ich möchte die Corona-Krise nicht zu sehr strapazieren, es wurde schon zu viel gesagt. Aber aus deiner Sicht, die sich ja schon beruflich mit dem Lustigen beschäftigt: Was können wir Positives mitnehmen? Welche Chancen siehst du in den kommenden 12 Monaten für die Kabarett- und Kulturszene in Österreich? Nicht zu spielen wird ja keine ernsthafte Alternative sein, d.h. wird es womöglich neue Formate geben?
Ich finde es schwierig Kabarettvorstellungen gänzlich ins Netz zu verlegen, weil wir einfach das Publikum brauchen. Wir müssen es spüren! Ohne dem echten Lachen des Publikums ist die Vorstellung ein bisserl „nackert“. Aber eigene Onlineformate, Kombinationen mit Livepublikum und Streaming kann ich mir vorstellen. Unsere Branche, wie auch generell die gesamte Kulturbranche, wird Corona und die Nachwirkungen noch die nächsten 2-3 Jahre spüren.
Positiv nehme ich mit: Den Zusammenhalt innerhalb der Branche, mehr Verständnis von „Externen“ für die Kultur. Das wir nicht nur vom Applaus leben können und das Kultur ein Wirtschaftsfaktor für Österreich ist. Und die Erkenntnis, dass in kurzer Zeit oft viel mehr geht, als man vorher gedacht hat.
Wer sind deine größten HeldInnen, die dich beeinflusst haben – und kannst du dich selbst bereits, angesichts deiner Erfolgsgeschichte, als Heldin sehen?
Meine HeldInnen sind u.a. Tina Fey, Shonda Rhimes, Lucille Ball, Amy Sherman-Palladino, Stella Kadmon, Lenny Bruce und Lorne Michaels. Heldinnen sind in meinen Augen aber sowieso alle, die selbständig sind, die Ideen haben und diese umsetzen, die neue Wege ausprobieren. Und ja, da zähle ich mich auch dazu. Wobei man es nicht überbewerten darf: Wir retten keine Leben, wir operieren nicht am offenen Herzen. Die richtigen Heldinnen sind daher woanders zu finden wie in Krankenhäusern, in Schulen, in NGOs etc.