„Ich bin Drogendealer“

Gergely Teglasy (Abkürzung TG) liebt seinen Stoff – die Kommunikation. Selbst bezeichnet er sich als Kommunikationsinspirateur. Dementsprechend positiv gestaltete sich unser Interview, in dem der gebürtige Ungar über seine bunte Vergangenheit erzählt. Denn der Universitätslektor der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, ist Theatergründer, Verleger, Drehbuchautor, Erfinder des Online-Wartezimmer TVs, sowie einer Health-App – und Autor des ersten Facebook-Romans.

Lieber TG, was machst du eigentlich genau?

Ich bin Drogendealer. Ich deale mit Kreativität, Inspiration und Kommunikation. Das ist mein Stoff. Für die Verteilung des Stoffes unterrichte ich, schreibe ich, und gründe Unternehmen.  Manchmal schaffe ich es, Menschen damit anzustecken und sie zu ermutigen, etwas Neues zu probieren. Ich bin davon überzeugt, dass wir alle mehr Mut brauchen. Mehr Mut zum Scheitern. Erst wenn wir aufhören bequem zu sein, über unsere Grenzen gehen, und Fehler machen, wachsen wir. Wir lernen wohl am meisten  beim Scheitern.

Stimmt. Also, in medias res, was waren deine größten Fehler, und was hast du daraus gelernt?

Der größte Fehler, den ich ein paar Mal gemacht habe, war, nicht auf mein Gefühl zu hören. Bei einigen Unternehmungen habe ich es verbockt, und auf den Kopf gehört. Wir haben ja immer zwei Seelen in unserer Brust: die Angst vor dem Neuen, und die Neugier. Wenn es der  Neugier gelingt zu siegen, dann trauen wir uns zu tun. Natürlich können wir nicht 24 Stunden lang mutig sein. Das geht nicht. Aber oft reicht es schon eine Minute Mut zu haben und zu sagen: Ich mache das jetzt! Man muss sich selbst vor vollendete Tatsachen stellen.

Du hast dich in deinem Leben bereits öfter vor vollendete Tatsachen gestellt, und Dinge gemacht, von denen du eigentlich vorher keine Ahnung hattest.

Das mache ich , weil mich das Neue reizt. Ich finde es spannend Dinge zu erschaffen, die es noch nicht gibt. Leute, die etwas weiterbringen, sind oft jene, die von der Materie anfangs keine Ahnung haben, aber schnell lernen. So ist es mir auch mit meinem Drehbuch gegangen. Ich habe zuvor noch keines geschrieben, war also wenig vorbelastet.  Mein Drehbuch wurde dann verfilmt und der Film „In Heaven” hatte seine Premiere im Gartenbaukino. Ein wunderbares Gefühl, wenn das, was Du geschrieben hast auf einer Riesenleinwand zum Leben erwacht. . Aber das war keine bewusste Entscheidung. Ich mag es einfach, mich voll in ein Projekt zu stürzen und zu schauen, ob es klappt.

Foto: Markus Neubauer
Foto: Markus Neubauer
Welche Projekte waren deine erfolgreichsten?

Ich habe das erste fremdsprachige Theater in Ungarn nach der Wende gegründet. Später den ersten Verlag in Ungarn, der sich auf österreichische Autoren, wie Elfriede Jelinek und Thomas Bernhard spezialisiert hat. Ich habe das erste Online-Wartezimmer-Fernsehen gegründet, mit über 1.000 Screens in Österreich. In den letzten Jahren habe ich den ersten Facebook-Roman der Welt namens Zwirbler geschrieben.

Was darf ich mir darunter vorstellen?

Die Idee hatte ich 2010 im Frühling, als ich mit meiner Tochter im Auto unterwegs war. Sie sagte, sie habe von diesem Ding namens Facebook gehört, wo es Bilder, Links und Videos gäbe. Dann fragte sie mich, ob es dort auch Geschichten gäbe. Meine Antwort war: Ja, ab jetzt gibt es eine. Und ich habe losgelegt.

So schnell geht das bei dir? Und wie kamst du auf den Namen?

Der ist mir am Abend nach der Autofahrt eingefallen. Bei einer Flasche Wein ist mir dieses Wortspiel gekommen. Der Protagonist Zwirbler zwirbelt mit Gedanken und Wörtern, wie andere mit ihrem Bart.  Ich wollte eine Geschichte mit Tiefgang, mit dem Spiel von Metaebenen.

Ich habe “Zwirbler” damals verfolgt und gelesen. Das wurde ja relativ schnell ein Hype.

Ja, wobei ich sofort wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt wurde. Von einer Userin. Ich hatte das Projekt nur angekündigt und noch nichts geschrieben, und doch stand da plötzlich dieser Kommentar: “Ich finde das scheiße”. Das hat mich damals getroffen. Aber es hat mir geholfen. Das tut im Augenblick weh, ist für das Ego aber wichtig. Es schadet uns allen nicht, ab und zu auf den Boden runter zu kommen.

Wie ging es weiter? Die Handlung des Romans wurde ausschließlich von den Usern beeinflusst. Worum geht es?

Zwirbler ist auf der Suche nach seiner Schwester. Zunächst unfruchtbar, wurde sie bei einem Experiment schwanger, aber  hat das  Kind abgetrieben. Seitdem ist sie auf der Flucht. Zwirbler versucht sie zu finden. Es geht um die Suche im Leben, um das was diese Suche ausmacht, was uns vorantreibt, das liegt hinter der Handlung die sich stellenweise wie ein Thriller liest. Wie gesagt, alle Charaktere und die ganze  Handlung, all das kam von den unglaublich kreativen Usern.

Wie konntest du diese Massen an Kommentaren zusammenfassen?

Es gab ja schon vor vielen Jahren Versuche zum kollaborativen Schreiben. Es gibt zwei Probleme dabei: Wenn es mehrere Autoren gibt, dann wechselt natürlich der Stil häufig. Außerdem  gibt es auch immer ein Ego-Problem. Jeder will seine Figur hervorheben, es gibt einen Konkurrenzkampf. Deswegen war von Anfang an klar: ich bin der Autor, die User kommentieren und ich flechte die Kommentare in die Geschichte ein.

Worum ging es dir bei diesem Experiment?

Einfach auszuprobieren, ob man eine Geschichte mit Tiefe auch auf einem oft banalen Medium wie Facebook schreiben kann.

Und hat es in deinen Augen funktioniert?

Absolut. Es war wirklich alles dabei, von ganz kurzen verrückten Meldungen, bis hin zu literarisch hochwertigen Passagen.

Das klingt auch nach sehr hohem Zeitaufwand.

Ja, ich habe mehr Zeit investiert, als je gedacht. Anfänglich habe ich mehrmals täglich geschrieben, am Ende jeden zweiten Tag. Am Schluss kam noch das Crowdfunding für die Druckausgabe hinzu. Denn der Roman wurde nicht nur als Buch gedruckt, sondern auch auf WC-Papier.

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Zurück zu deinen anderen Tätigkeiten. Du nennst dich Kommunikationsinspirateur, bist in Ungarn und Österreich zu Hause. Wie prägt dein Nomadentum deine Arbeit?

Ich wurde in Budapest geboren, habe danach in , Spanien, Deutschland, den USA gelebt. Jetzt bin ich sowas wie ein  k.u.k-Tschusch (lacht). Ich finde es schön, zwischen Österreich und Ungarn pendeln zu dürfen. Es ist auch schön, den Unterschied zwischen den beiden Hauptstädten erleben zu können. Für das Geschäftliche ist Wien besser, verlässlicher.Budapest hat dafür mehr Dynamik, pulsiert stärker.

Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Dein Lebenslauf ist ziemlich bunt. Wie kam es überhaupt dazu?

Ich habe Theater- Film- und Medienwissenschaften studiert, und habe nebenbei bei einem Verlag gearbeitet, im Anzeigenverkauf. Ich habe sehr gut  verdient, damals war das noch leicht. So habe ich mein Studium finanzieren können. Das war insofern praktisch, weil das Studieren alleine für mich immer zu langsam war.  1991 habe ich dann das erste fremdsprachige Theater in Ungarn mit deutsch- und englischsprachigen Gastspielen  mitgegründet. Es gab einen Jazzclub, ein Restaurant. Das war eine verrückte Zeit. Das Beste an der Geschichte war, dass uns der Bürgermeister das Gebäude um 1 Forint überlassen hat, weil es ein Jahr später abgerissen hätte werden sollen. Am Ende blieb das  Gebäude 20 Jahre bestehen.

Du hast also das Gebäude gerettet.

Das war eine Eigendynamik, die nicht zu planen war. Aber es zeigt, dass man seinem Bauchgefühl folgen muss. Das hat mir damals gesagt: wir müssen das tun. So bin ich zum Theater gekommen. Bei dieser Clique war auch ein Autor darunter, der Probleme mit seinem Verlag hatte.

Lass mich raten, das war der Grund für die Verlagsgründung?

Richtig. Aber wir wollten Sachen bringen, die es noch nicht gab. Also brachten wir unter anderem die Werke von Elfriede Jelinek und die autobiographischen Werke von Thomas Bernhard erstmalig auf Ungarisch heraus. Eine Goldgrube war das nicht, mit Literatur wird man nicht reich. Aber wichtig war es.

Das erfordert alles viel Mut, wie ich mir denke?

Ja. Das Katastrophale an unserem System ist, dass uns dieser Mut verlernt wird. Dabei gibt es so ein Potenzial. Ich merke es in meiner Lehrveranstaltung. Ich verlange von den Studierenden Fehler zu machen. Es gibt zwei Arten von Fehlern: Fehler, die aus Faulheit passieren, und Fehler, die aus dem Versuch heraus geschehen, etwas zu probieren, etwas zu verbessern. Letztere sind die, die ich haben möchte. Dafür gibt es auch extra Punkte. Mühe gehört belohnt. Aus Fehlern lernt man am meisten.

Limitierungen fördern die Kreativität

Du bist Lektor  an der Publizistik der Uni Wien, unterrichtest darüber hinaus an weiteren Bildungseinrichtungen. Du hast erwähnt, dass du sehr praxisorientiert lehrst. Wie sieht diese Praxis aus?

Bei mir lernen die Studierenden eine Werbekampagne in der Praxis zu konzipieren  und umzusetzen. Die StudentInnen suchen sich eine  Non-Profit Organisation, die ihnen am Herzen liegt, und entwickeln für diese eine Werbekampagne von 0 auf 100. Diese Organisationen könnten sich keine Kampagne leisten, so aber profitieren alle davon: Die Studierenden lernen in der Praxis, wir unterstützen einen guten Zweck, und die Organisationen bekommen eine kreative Kampagne. Von den Frauenhäusern über die Young Caritas bis zum Tierschutzhaus – haben wir so schon zig Kampagnen erarbeitet. Da sich die Studierenden den Zweck selbst aussuchen,  werden die Ergebnisse noch besser – durch die Leidenschaft für ein Thema. Und weil die meisten der Organisationen kaum oder kein Budget haben, ist es noch spannender. Limitierungen fördern die Kreativität.

Das kann ich bestätigen. Je knapper die Ressourcen, desto höher die Kreativität.

Genau. Ein einfaches Beispiel: Ich gebe dir den Auftrag, ein Cover für ein Reisebuch über Honolulu zu gestalten. Das erste wäre, du würdest Honolulu googeln, und in der Bildersuche nach Anregungen suchen. Aber wenn ich sage, du darfst nur Dreiecke verwenden und das Cover darf nur schwarz-weiß sein, dann musst du selbst kreativ werden. Hier hilft dir Google nicht mehr weiter. Dazu versuche ich die Studierenden zu animieren, zur kreativen Ideenfindung.

Foto: Markus Neubauer
Foto: Markus Neubauer
Ist zu viel Technik manchmal hinderlich?

Wir haben zu viel Information zur Verfügung. Deswegen nehmen wir oft das Erstbeste, weil wir angesichts der Überflutung rasch müde werden. Doch das Bequeme ist nicht immer das Beste. Wenn ich beispielsweise eine Bildrecherche machen muss, überlege ich zuerst was ich suchen soll. Beispiel: Wenn man eingibt: ”Sonnenuntergang Strand” erhält man unzählige Ergebnisse. Wenn man aber nach “Frau mit Hund am Strand bei Sonnenuntergang” sucht, kommt man schneller zum Ziel. Man muss einfach die richtigen Fragen stellen.

Was ist deiner Meinung nach das wichtigste in der Kreativbranche?

Daselbe wie beim Unterrichten. Leidenschaft. Um Feuer weiterzugeben, musst du brennen.

Wie hältst du dein Feuer am Lodern?

Ich habe mich das vor Kurzem selbst gefragt, weil ich wieder ein neues Unternehmen gegründet habe. Also, es ist definitiv nicht Geld. Es ist, viel mehr eine Neugier, wie man etwas lösen kann. Bei meiner neuen App geht es um das Retten von Leben, um schnellere Hilfe im Notfall. Ich habe zuvor noch nie etwas in diesem Bereich gemacht, aber ich mache es aus der Neugier heraus, ob es überhaupt funktioniert. Elon Musk hat es schön gesagt: “Irgendwer muss es ja machen”. Das ist auch mein Antrieb: es gab so etwas noch nicht, also muss es jemand machen.

Also sind wir wieder beim Mut zum Scheitern.

Das ist übrigens etwas, was die Amerikaner uns voraus haben. Hier in Europa, wenn man einmal in Konkurs geht, ist man ein Verlierer. In Amerika gibt es eine Investitionsfirma, die nur jenen Menschen Geld gibt, die mindestens einmal in Konkurs gegangen sind. Wenn man zwei, dreimal Mist gebaut hat, hat man Erfahrung, die einem niemand mehr nehmen kann. Da gibt es einen schönen Spruch: Ein Entrepreneur ist der, der springt und während des Fallens einen Fallschirm konstruiert.

Es wäre gut, wenn es in der Schule das Fach Scheitern gäbe.

In Österreich wirkt es so, als gönne man den Menschen eher den Aufprall, als die sichere Landung.

Es wäre gut, wenn es in der Schule das Fach Scheitern gäbe – ein Jahr lang scheitern unter Anleitung. Dazu habe ich ein Zitat aus Zwirbler: „Mut ist der Berater der Gewinner, die denken nie daran, heil aus etwas rauszukommen.” Jene die Erfolg haben, verschwenden ihre Gedanken nicht daran, was schiefgehen könnte.

Aber warum ist das bei uns manchmal so schwierig?

Das liegt am System und unserem Sicherheitsdenken. Wir beschützen was da ist und verteidigen uns gegen die Veränderung. Die Verlustangst ist größer, als die Aussicht etwas zu gewinnen. Wenn ich dir sage, es gibt nur mehr kurze Zeit, 1 Stück von etwas, dann wirst du es haben wollen. Etwas verlieren zu können, macht uns mehr Angst. Wenn das System das auch noch fördert und darauf hinarbeitet, dann ist das für Unternehmertum hinderlich. Das können wir aber in unserem persönlichen Umfeld ändern.

Was ist aus deinen Unternehmen geworden, hast du die alle verkauft?

Einige habe ich verkauft. Bei den meisten bin ich immer nach 3 bis 4  Jahren gegangen. Scheinbar ist das meine Zeitspanne.

Das Verharren in einer Struktur ist scheinbar nicht deines.

Ja, obwohl es blöd ist. Ich sage das auch immer zu meinen Studierenden: Das was ich mache ist blödsinnig. Denn eigentlich ist die Spezialisierung der Weg zum Erfolg. Aber das kann ich nicht. Das langweilt mich.

Das verstehe ich. Es gibt so viele spannende Dinge, die man machen kann.

Der Preis ist, dass man in einem Spezialgebiet  nie zur Spitze gehört. Ich spiele zum Beispiel Klavier, damit habe ich im Erwachsenenalter angefangen. Ich werde sicher nie Konzertpianist werden. Aber es bereitet mir unglaubliches  Vergnügen. Und vielleicht reicht es ja mal zum Barpianisten.

Man hört in unseren Bereitengraden oft: Irgendeine Absicherung braucht man ja, von irgendetwas muss man ja leben. Wie hast du das gemacht, was ist deine Absicherung?

Ich fülle den Lottoschein aus (lacht). Hat aber noch nicht geholfen. Für mich ist Geld kein Antrieb. Ich habe keine Luxusansprüche. Wenn ich mir einen Kaffee kaufen kann, dann ist das super. Wenn nicht, dann halt nicht.

Die Frage ist, wie schwer es ist zurückzuschrauben, wenn man einmal auf dem Niveau war.

Das ist sehr schwierig. Ich kenne einige, die noch immer auf ihrem Luxus-Niveau leben, obwohl sie es sich schon lange nicht mehr leisten können. Aber Luxus bedeutet viel mehr,  als sich um Geld etwas zu kaufen. Für mich ist Luxus, mit Freunden zu kochen und mich zu unterhalten. Da muss ich in kein 4-Sterne-Restaurant gehen. Darüber mache ich mir seit einiger Zeit viele Gedanken. Wir geben für ein Essen oder einen Friseurbesuch gerne 20 oder 30 Euro aus. Aber bei einer Theaterkarte, einem Buch oder einer CD halten wir uns zurück. Deshalb habe ich beschlossen: Ich werde eher in Theaterabende und Bücher investieren, als in Restaurants. Das Essen kommt eh wieder raus (lacht).

Es ist aber schon interessant, wie einem diese Karotte namens Luxus vorgehalten wird. Geld muss also ein Motivator sein, denn ist es erst da, lehnen es nur sehr wenige ab.

Vielleicht hängt das mit Alter und Erfahrung zusammen. Ich hatte Zeiten, in denen ich viel Geld gehabt habe, und Zeiten, in denen ich kein Geld hatte. Das Glück hatte damit nichts zu tun. Denn es geht um die Dinge, die du erlebt hast, nicht um die, die du dir gekauft hast.

Mit 22 war ich in den USA, habe eine Harley ausgeborgt – und am Konto überhaupt kein Geld gehabt. Es war die beste Reise meines Lebens.

Wenn wir schon beim Thema Geld, Luxus und Kulturausgaben sind: Wie lösen wir das Problem Gratis-Content im World Wide Web?

Ich bin davon überzeugt, dass hochwertiger Content auch bezahlt werden muss. Wir müssen uns selbst an der Nase nehmen und für, Inhalte, die wir wollen auch zahlen.

Foto: Markus Neubauer
Foto: Markus Neubauer
Weil “Gratis nix wert” ist?

Das war mein Irrtum beim Crowdfunding zu Zwirbler. Ich dachte bei 16.000 Facebook-Fans zahlt jeder einen Euro und wir können in Druck gehen. Einige User haben aber gesagt: warum soll ich jetzt plötzlich etwas zahlen, um das Ende lesen zu können – bisher war es doch auch gratis. Damit habe ich nicht gerechnet. Dabei hätte ich das ahnen sollen.

Wir zahlen 3-4 Euro für ein Bier…

…aber den Film suchst du irgendwo im Netz, um ihn möglichst gratis zu bekommen.

Dafür in schlechter Qualität.

Genau. Da zahle ich lieber ein paar Euro und habe eine perfekte Qualität.

Warum hat das Kreative so wenig Wert mehr, gibt es zu viel davon?

Das glaube ich nicht. Ich denke wirklich, dass es die Wertigkeit ist, die wir den Dingen geben. Für ein Schnitzel zahlen wir 12 Euro, aber keine 10 Euro für ein Buch. Da bin ich nicht bereit mitzumachen. Ein Tipp: Man kann super Sachen bei Carla kaufen, einem eigen Lager  der Caritas. Dorthin kann man seine Sachen auch bringen. Ich muss nicht immer alles neu kaufen. Natürlich muss jeder für sich entscheiden. Wenn jemand ins Nobelrestaurant gehen will, dann bitte. Es liegt mir fern jemanden zu verurteilen.

Glücklicherweise gibt es genügend Menschen, die nachdenken wollen.

Mit Helden von heute wollen wir genau dazu anregen: zum Nachdenken.

Glücklicherweise gibt es genügend Menschen, die nachdenken wollen. Das ist auch was ich versuche: die Leute mit Inspiration anzustecken. Aber klar, Denken kann auch  traurig machen, und unangenehm sein.

Ich fühle mich von unserem Gespräch sehr inspiriert, und zum Nachdenken in positiver Weise angeregt.

Das freut mich, so sollten Gespräche sein. Leider gibt es nicht nur inspirierende Menschen. Mein Deutschlehrer  hat mir gesagt, ich solle ja nicht schreiben. Und heute? Er hat noch kein Buch veröffentlicht, ich schon (lacht). Deswegen ist es schade, dass wir nicht mehr Leute haben, die uns Mut zusprechen. Was soll schon passieren? Das Einzige was man verlieren kann ist das Leben, und das verliert man früher oder später sowieso.

Wie definierst du Helden?

Das sind Menschen, die etwas tun, das über ihren Eigennutz hinausgeht. Also gibt es sehr viele Helden da draußen.

Würdest du dich selbst als Held bezeichnen?

(zögert) Mit der eben genannten Definition müsste ich das tun, aber ich würde das nicht gerne so stehen lassen.

Laut unserer Definition bist du ebenfalls ein Held, weil wir eben den Heldenbegriff neu besetzen wollen.

Ich versuche Menschen zu inspirieren. Das ist das, was ich kann. Das ist, was meine Leidenschaft ist. Egal was du tust, wenn es aus Leidenschaft ist, dann ist das dein Ding.

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