Wie aus Wapplern "Die Wödmasta" wurden

Roland Vogl, Didi Baumgartner (von links) = Die Wödmasta. Foto: Herwig Peuker

Nein, ich beleidige mit diesem Titel nicht meine Interviewpartner. Wäre es nach Roland Vogl und Dietmar Baumgartner gegangen, würde man sie heute unter „Wappler“ auf Spotify und Co. finden. Ihr Umfeld legte dagegen Veto ein. Doch was tun, wenn man nicht Wappler werden darf? Ganz einfach: Man zieht als „Die Wödmasta“ in die Playlists ein. Als solche sind die beiden Austropop-Urgesteine mit neuem Songmaterial gerade wieder auf Tour.

„Die Wödmasta“ als i-Punkt einer Austropop-Musikkarriere?

Keineswegs. Auch wenn die beiden schon mehr gesehen, erlebt und performt haben, als viele heimische Bands und Musiker nur zu träumen wagen. Es ist für die beiden derselbe harte Anfang, wie für alle anderen. Ob der eigene Erfolg und die Kontakte und Freundschaften in der Musikszene nicht irgendwie helfen, möchte ich wissen. “Nicht wirklich”, meint Didi. Die Musikbranche kenne keine Protegés, zumindest nicht in Österreich. “Aber wir sind sowieso ein bissl eine Lost Generation”, meint er süffisant und holt aus: „Eben immer ein bissl zu spät dran gewesen fürs große Airplay in den Radios und den Tantiemenregen.“ Doch Erfolg ist nicht immer finanziell zu bemessen – und Erfolg haben die beiden gehabt. Viel davon.

Gig-en statt Kicken

Obwohl die beiden Karrieren in unterschiedlichen Bundesländern begonnen haben, weisen sie erstaunlich viele Parallelen auf. Das führte dazu, dass sich ihre Wege unweigerlich in den goldenen 80er Jahren kreuzten.

Didi Baumgartner wollte ur-eigentlich Fußballer werden, stand sogar vor einem Profi-Transfer zur Admira. Um die Eltern nicht vollends in die Verzweiflung zu treiben, entschied er sich aber gegen das Kicken mit hart betontem K und wechselte in jenes Sprachgebiet, indem „Gagao“ getrunken wird und sein Heimatland „Gärnten“ heißt. Kurz: Der Klagenfurter ging nach der Matura nach Wien, wo er an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Gitarre studierte.

In Wien, Vienna wo er alles tat (als Student zunächst Zeitungsausträger, Hauszusteller, Kabarettist), traf er bald auf seinen heutigen Bandkollegen Roland Vogl. Der hatte sich für den musikalischen Lebensweg ohne Plan B entschieden. Kellner, Roadie, Tagelöhner der Musikbranche: “Ich habe zu Beginn alles gemacht, damit ich Musiker sein konnte.“ Ein schöneres Beispiel für die Wichtigkeit von Ausdauer und Leidenschaft wird man nicht finden: Die beiden Freunde arbeiteten sich zielstrebig und schnell in die A-Liga der heimischen Musikwelt hoch.

Major-Label, VIVA und MTV

In den 90ern folgte ein Major-Label-Vertrag für Didis Deutsch-Rock Band „Ruediger“. Zudem produzierte er Jingles und spielte mit zahlreichen Formationen und Künstlern wie Peter Cornelius.

Roland schaffte es währenddessen als Bandleader der Grunge-Formation „Ballyhoo“ auf die MTV- und VIVA-Playlists – er arbeitete für Ostbahn Kurti, tourte mit Falco, EAV, Hansi Lang und anderen Austropop-Giganten.

Der Musik kurz den Rücken gekehrt

Die nächste Parallele: Für beide gab es fast zeitgleich, ab Ende der 90er, ein berufliches Leben außerhalb der Musikwelt. Wobei: Auch dabei gaben sie immer noch den Ton an. Roland gründete den Wiener Live-Club „Shelter“ und war bis 2010 mit mehreren Lokalen in der Gastronomie aktiv. „In dieser Zeit habe ich mich auch dem DJing und dem Producing gewidmet, aber wirklich viel Lust eigene Musik zu machen hatte ich nicht. Das kam erst später wieder“, sagt er.

Dietmar leitete von 1999 bis 2004 die Produktion des ORF Landesstudios Niederösterreich. Doch für beide war klar: Ein Leben ohne Musik, das geht – es geht aber nicht gut.

Die Wödmasta. Foto: Herwig Peuker

„Mich hat die Musikwelt nach der Pause relativ schnell und gut wieder aufgenommen“, sagt Didi. Er bog fortan die Saiten der berühmten Austro-Rock Formation Alkbottle, spielt mit Ossi Huber und auch den FreeMenSingers. Er betreibt sein eigenes Tonstudio in Favoriten. Es ist auch Heimat der Wödmasta und Sammelzentrum sündteurer und wunderschöner (Vintage-)Gitarren (die mein Herz als Gitarrenliebhaber höher haben schlagen lassen, Anm. des musikalischen Autors).

Auch Roland schaffte die Rückkehr vom Bar- auf den Gitarrenhocker reibungslos: Er wurde Bandmitglied von Wolfgang Ambros, wo er bei den „Ambros pur“ Auftritten seither als Multiinstrumentalist spielt und dessen Album er 2012 mit produzierte.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ohr

Mit ihrem gemeinsamen Bandprojekt „Die Wödmasta“ verfolgen die beiden seit 2016 ihren eigenen Sound. Dass sie eingängige Hits schreiben können, das beweisen sie mit Auskopplungen wie „Amsterdam.“ Der Stil: Bob Marley jammt mit Haindling, begleitet von Pizzera & Jaus – angehaucht von Konstantin Wecker. Im Video dazu tänzelt sich Thomas Stipsits durch die Kräutergärten der holländischen Metropole. Die berauschten Rollen liegen dem Kabarettisten offenbar. Wer seine Performance „Für Alkohol gibt es immer einen Grund“ (gemeinsam mit Manuel Rubey) kennt, wird wissen was ich meine.

Wie es zu der Kooperation kam? “Ein Freund legte uns den Kontakt, wir haben ihn getroffen und es hat einfach gepasst.“ Klingt einfach, den heimischen Kabarett- und TV-Star in sein Musikvideo zu bekommen. Allerdings nur, wenn man „Wödmasta“ heißt und auf Weltklasseniveau spielt.

Kategorie: Mehr als Austropop

“Es darf ruhig lustig sein und wir wollen die Leute unterhalten”, sagt Roland. Als Klamauk-Band wollen sie keineswegs verstanden werden. Dazu gibt es auch keinen Anlass: Die Musik der Wödmasta ist die perfekte Intonierung des österreichischen Charakters. Immer ein bisschen minor im Grundton, aber im und beim Leben ein Major-Akkord mit einem kräftigen Bending nach oben, das man durchaus als Augenzwinkern verstehen darf. Die Wödmasta sind, man muss es so brachial einfach formulieren: Weltmeister im Mundart-Rock. Eine Schubladisierung ist ihnen fremd. „Unsere Songs gehen von punkig bis poppig, wir wollen keine Stilelemente ausschließen. Wichtig ist, dass die Musik den Text gut rüberbringt“, sagt Didi. Roland nickt. Wer bei Songs wie “Graue Katz”, „Wien“ oder “Der Überfall” genau hinhört, wird schnell feststellen: da geht es um mehr als nur schöne Klänge und weiche Formulierungen.

„Warte darauf, dass mir dir Welt etwas mitteilt“

Eine schwierige Aufgabe. Für Otto-Normalhörer ist die Distanz zwischen Mundart-Pop und Schlager gering. Hier nicht abzurutschen bedarf geschliffener Wortkreationen. Eine Herausforderung die Roland meistert. Seine Herangehensweise als Texter? “Ich warte darauf, dass mir dir Welt etwas mitteilt. Das ist jetzt, mit einigen Jahrzehnten Alterserfahrung schon wesentlich einfacher. Worüber soll man als Junger schreiben? Über das zehnte Mal Verlassenwerden?”

Heute folgen seine Kreationen den Sehnsüchten und Wünschen der Menschen seiner Umgebung. Der Song „Graue Katz“ ist so ein Werk: „Ich kenn etliche Mädels, die in der kalten Jahreszeit ständig frieren. Die verschmelzen im Jänner fast mit dem Ofen. Dann geben sie sich ihrer Sehnsucht nach Süden, Salz und Meer ganz lautstark hin. Dann wird übers Auswandern fantasiert, mindestens aber über einen ausgedehnten Urlaub am Meer. Dieser Sehnsucht folgen am Ende doch die Wenigsten. Dabei passieren die schönsten Dinge im Leben, wenn man riskiert und seine Komfortzone verlässt – wenn man hinter den Vorhang schaut.“

Wenn dann die Worte so auf ihn einprasseln, lassen auch die Melodien nicht lange warten. Diese erarbeiten Roland und Didi gemeinsam. „Mein Part ist der des strengen Kapellmeisters“, lacht Didi, der dafür zuständig ist, den Songs den finalen Schliff zu verleihen.

Credo: „Alles positiv!“

Wie das abläuft, darf ich während des Interviews erleben. Roland schnappt sich die nächste Martin-Gitarre (Martin ist einer der besten Gitarrenmarken im Akustik-Segment, auch eine der teuersten Marken) und zupft drauf los. Ich kenne die Melodie nicht, dennoch wirkt sie vertraut. Aber nicht gecovert-vertraut, sondern in sich stimmig. Die Basis für gute Musik ist ja, wenn man sich bereits beim ersten Hinhören in ihr verlieren kann. Das Riff, ein Midtempo Rock in etwa wie in den 70ern gespielt, der Refrain eine klare Ansage ans Leben: „Alles positiv!“ Jene Message, die den „Wödmasta“ besonders wichtig ist. Dabei müssen sie sich gar nicht anstrengen. Sie vermitteln ganz automatisch, dass sie lieben, was sie tun.

Ihr großes Ziel bzw. Wunsch für die Zukunft? „Wenn wir im Jahr 60 Konzerte vor je 200 Leuten spielen, dann ist das unser aktueller Gradmesser für Erfolg“, sagt Roland. Didi schmunzelt und meint: „Wir hätten aber auch nichts dagegen die Headliner am Novarock zu geben.“ 

Foto: Leo Dick

Mehr Musik aus Österreich

Wenn sie einen Wunsch frei hätten, dann sind sie sich einig: „Mehr Präsenz von österreichischen Künstlern in unseren Medien. Verglichen mit allen anderen Ländern ist die Quote hierzulande wirklich beschämend. Wir haben so viele Talente in diesem Land, die es locker mit internationalen Pop-Hits aufnehmen können, die derzeit so aus den Boxen dudeln.“

Als ich nach zwei leiwanden Stunden das Studio der beiden verlasse, bin ich mir sicher: Nomen est omen. Die beiden sind Wödmasta in allem was sie machen. Authentischer kann Austropop nicht sein.

Die Wödmasta. Foto: Herwig Peuker

Autor: Florian Schauer-Bieche

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