“Neugier ist eine große Motivationsquelle”

Volker Lobmayr ist Grafiker, Superonkel und Weltenbummler. Mit seinen tabtags verhübscht er Macbooks und hat damit eine Nische gefunden die nicht nur am amerikanischen Markt unglaublich boomt. Im Interview erzählt er, warum es so wichtig ist Fehler zu machen, seine Leidenschaft für Yoga, und die Fähigkeit, das Glück zu erkennen.

Volker, du bist ja ursprünglich aus Tirol, bist viel herum gereist, und lebst nun in Wien. Was hat dich dazu veranlasst deine Heimat zu verlassen?

Tirol wurde mir recht bald zu klein und zu eng, weshalb ich mein Studium in Wien absolviert habe, und danach nach Spanien ausgewandert bin. Ursprünglich plante ich 6 Monate zu bleiben, geworden sind es dann 7 Jahre. Ausgehend von meiner Basis Madrid bin ich sehr viel gereist, habe dabei immer wieder verschiedene Jobs angenommen, hauptsächlich in den Bereichen Webdesign und Marketing, konnte aber auch darin nie wirklich meine Erfüllung finden.

Womit warst du unzufrieden?

Mein erster Chef war ein richtiger Lebenskünstler, den ich sehr geschätzt hab. Bei den meisten anderen hatte ich das Gefühl fachlich nur wenig dazu zu lernen und mich weiter entwickeln zu können. Darum hab ich ziemlich oft gekündigt, ehe ich mich selbstständig gemacht hab.

Wie schwierig war der Schritt in die Selbstständigkeit?

Zunächst hab ich für eine Agentur gearbeitet. Mein Alltag war jedoch ähnlich strukturiert wie zuvor im Angestelltenverhältnis. Der Wunsch danach, etwas Eigenes zu schaffen, eigene Ideen umzusetzen, hat mich aber sehr motiviert. Ich begann immer mehr Zeit in eigene Projekte zu stecken, bis ich dann schließlich ganz aufhörte für die Agentur zu arbeiten.

War das nicht riskant?

Naja, für mich war immer sehr wichtig, mein Leben so gestalten zu können, dass ich es mir leisten kann, auch an Dingen zu arbeiten, die kein Geld bringen. Ich habe gelernt bescheidener zu leben, mein Geld nicht leichtfertig auszugeben, oft essen zu gehen, oder ein Auto zu besitzen. Eine wichtige Erkenntnis dabei war für mich, auch mit wenig zufrieden sein zu können und plötzlich sehr viel mehr Zeit zur Verfügung zu haben. In dieser Zeit entstand auch die Idee zu tabtag.

Foto: Lorin Canaj
Foto: Lorin Canaj
Die tabtags sind ja Pickerl fürs Macbook, und mittlerweile ziemlich bekannt. Wie kam die Idee dazu?

Ich hab von klein auf sehr gern gezeichnet, immer sehr detailreich, meistens mit Bleistift auf Papier.Irgendwann kam dann die Idee das Ganze umzudrehen, und mit weiß auf schwarz zu zeichnen. Das Ergebnis war wenig zufriedenstellend, weil weiß auf schwarz entweder verwaschen wirkt, oder die Farbe zu dick und daher zu wenig detailreich gestaltet werden kann. So kam auch die Idee, digitales Weiß und analoges Schwarz zu mischen. Ich hab mit Schnitt- und Drucktechniken experimentiert, und mir gleichzeitig überlegt, welche Lichtquellen dafür geeignet wären. Da ist mir dann der leuchtende Apfel aufgefallen. Die Idee, das Macbook durch ein tabtag zu personalisieren, fand ich ziemlich cool und überlegte mir, ob das auch anderen gefallen könnte.

[infobox maintitle=“TabTag Website“ subtitle=“Verleih deinem Mac ein „Pickerl““ bg=“yellow“ color=“black“ opacity=“off“ space=“30″ link=“www.tabtag.com“]

Du wolltest es also wissen.

Ja! Ich war mir sicher, dass die Idee funktionieren würde, und hab insgesamt 3 Jahre lang daran gearbeitet, wobei ich mich im letzten Jahr ausschließlich tabtag gewidmet habe. Einkommen hatte ich in dieser Zeit nur wenig. Ich hab mich voll und ganz auf die Website und das Crowdfunding konzentriert. Das Crowdfundig hab ich weniger aus finanziellen Gründen gemacht, als aus Marketing-Gründen. Auf Crowdfunding- Seiten – Kickstarter ist da ja eine der bekanntesten Plattformen – sind hauptsächlich Leute unterwegs, die sich für Innovationen interessieren, und so konnte ich abklären, ob es wirklich jemanden anspricht, oder ob ich einfach nur verliebt in die Idee bin (schmunzelt). Das Ganze ging ziemlich gut für mich aus, das Projekt wurde zu 200% finanziert und auch die Medien waren sehr freundlich, vor allem fm4 hat sehr positiv über tabtag berichtet.

Wie hast du es geschafft dich bei Kickstarter zu etablieren? Ist ja nicht ganz so einfach.

Damals hat Kickstarter seinen Service in Österreich noch nicht angeboten, was sich mittlerweile geändert hat. Ich hatte jedoch das Glück, dass einer meiner Brüder die Australische Staatsbürgerschat hat und auch Teil des Teams war, somit hatte ich die Möglichkeit tabtag auf Kickstarter zu launchen.

Ich will mich nicht aus Angst, sondern aus positiven Gründen mit Dingen beschäftigen.

Du hast ja erzählt, dass du teilweise kein Einkommen hattest. Gab es da nie Existenzängste und Zweifel?

Naja, es gibt immer wieder schwache Momente. Trotzdem habe ich immer daran geglaubt. Ich will mich nicht aus Angst, sondern aus positiven Gründen mit Dingen beschäftigen. Entweder man setzt seine Energie für seine Ideen ein, und ist optimistisch, oder lebt ewig in der Angst vor möglichen negativen Konsequenzen, aber so möchte ich nicht leben.

Die tabtags gibt’s ja in vielen Designs und sind auch als Firmenlogos zu bekommen. Eine persönliche Note ist also garantiert.

Ja, bei den tabtags geht es mir um die ästhetischen Wirkung und das Spiel mit dem Licht. Einerseits kann man sein Macbook individuell gestalten, und gleichzeitig dient es auch als Icebreaker – ich bin dadurch schon ein paar Mal mit Leuten ins Gespräch gekommen. Die tabtags sind zudem leicht abnehm- und austauschbar, und können gewaschen und wiederverwendet werden. Individualität ist mir dabei besonders wichtig.

Wie wichtig ist das für dich persönlich?

Im persönlichen Bereich hat Individualität verschiedene Ebenen. Wenn ich meine eignen Ideen verwirkliche, gehe ich ohnehin einen Weg, den nicht viele gehen. Wenn du Dinge verwirklichst, die dir Spaß machen, dann fühlt sich das oft nicht wie Arbeit an und man verliert die Scheu davor, Fehler zu machen. Ganz nach dem Motto: „Let´s make better mistakes tomorrow!“

Fehler sind also wichtig?

Absolut. Fehler zu machen ist kein Fehler! Du kannst nur dann ein gutes Produkt erzeugen, wenn du experimentierst, auslotest, herausfindest was funktioniert, und was nicht. Dazu gehören einfach auch Fehler. Früher war ich viel feiger. Ich musste erst lernen, mir selbst mehr zu vertrauen, und dazu zu stehen, wer ich bin und was ich mache.

Warst du auch als Kind ein Entdeckergeist?

Ich war eher ein Träumer. Ich bin in einer Großfamilie mit 7 Geschwistern am Land aufgewachsen. Wir haben sehr oft im Wald gespielt, Baumhütten gebaut und Höhlen gegraben – das war wohl auch eine Form des Entdeckens.

Wow! 7 Geschwister sind ganz schön beachtlich! Das heißt du bist ein Familienmensch?

Vor allem bin ich ein leidenschaftlicher Onkel. Erwachsenengespräche bei Kaffee und Kuchen langweilige ich mich ziemlich schnell, daher beschäftige ich mich viel lieber mit meinen Nichten und Neffen. Es ist schön rauszufinden was die Kinder wollen und womit sie sich auseinandersetzen. Wenn man Kinder respektiert und sich mit ihnen beschäftigt, bekommt man sehr viel ehrliche Zuneigung zurück – das ist Balsam für die Seele.

Wie steht´s mit der eigenen Familienplanung?

Obwohl ich Kinder liebe, ist das derzeit noch kein Thema. Ich entdecke sehr gerne Neues , weiß meist nicht wie der nächste Tag aussieht, und kann so momentan nicht die nötige Struktur bieten, die eine Familie verlangt. Als Onkel kann man da besser dosieren. Außerdem will ich nicht den von der Gesellschaft vorgezeichneten Weg gehen: Erwachsen sein Haus – Kind – Hund- – und dann arbeiten bis zur Pensionierung (lacht).

Ich möchte immer die Möglichkeit haben auch in andere Richtungen zu gehen und Neues auszuprobieren.

Wie soll denn dein Weg ausschauen?

Ich möchte immer die Möglichkeit haben auch in andere Richtungen zu gehen und Neues auszuprobieren. Ich nehme mir immer wieder Auszeiten, in denen ich mich neu orientieren kann, fahre ein paar Monate weg und schreib mir meine Ideen – und das sind ziemlich viele – auf, und schau wohin es geht. Dabei geht es mir nicht um den Endpunkt sondern um den Prozess. Man kann auf dem Weg zum Ziel sehr viel Spaß haben.

Themenwechsel. Du unterrichtest ja auch Yoga. Wie kam es dazu?

Genau. Ich beschäftige mich schon seit 10 Jahren damit, und auch in diesem Kontext ist es mir wichtig, mich auf den Weg zu konzentrieren und nicht nur auf Ziele hin zu arbeiten. Yoga hilft mir dabei zu differenzieren, was wirklich Bedeutung für mich hat, und welche Dinge in meinem Leben nur unnötig viel Zeit beanspruchen. Dass ich zweimal wöchentlich Yoga unterrichte und Geld dafür bekomme, grenzt nahezu an Unverschämtheit. Es macht unglaublich viel Spaß, und dadurch, dass ich im Unterricht dazu gezwungen bin konzentriert zu sein, profitiere ich auch sehr davon und bin außerordentlich entspannt danach.

Foto: Lorin Canaj
Foto: Lorin Canaj
Gibt´s noch andere Energiequellen für dich? Dein Alltag ist ja ganz schön fordernd.

Radfahren hat für mich auch etwas Meditatives. Wenn du dabei nicht ausreichend konzentriert bist, überlebst du mit dem Rad in einer Stadt wie Wien nicht lange. Früher hab ich auch regelmäßig Musik gemacht, dazu hatte ich in den letzten Monaten leider zu wenig Zeit.

Klingt spannend. Teilst du deine Musik auch mit anderen, oder machst du´s nur für dich?

Naja, ich hab zumindest zweimal versucht sie zu teilen. Das erste Mal war in Thailand: da hat man mich auf der Bühne langsam weg- und die Hintergrundmusik aufgedreht. Und das zweite Mal sollte ich in Indien vor ca. 200 Leuten auftreten. Ich war jedoch so nervös, dass ich meine Finger nicht mehr bewegen konnte. Danach hab ich entschieden nur mehr für mich, oder vor schlafendem Publikum zu spielen (lacht).

Mir fällt auf, dass du in deinen Projekten immer wieder das Wort „subtil“ einbaust. Subtileart. Subtiles Yoga. Was hat es damit auf sich? Ist das eine deiner Charaktereigenschaften?

Eigentlich ist das ziemlich ironisch gemeint. Ich bin ein ziemlich direkter Mensch. Einer meiner Freunde hat mal gemeint ich sei subtil, allerdings auch mit einem Augenzwinkern. Trotzdem hab ich es aufgegriffen und für mich verwendet.

Was waren denn deine prägendsten Erfahrungen im Leben?

Ich könnt ja jetzt ein paar Heldentaten erzählen. Aber wie kitschig soll denn der Artikel werden? (schmunzelt).

Keine Sorge- kitschig wird’s nicht. Aber um Helden geht’s ja bei uns!

Ach ja, stimmt! Da hab ich tatsächlich was zu erzählen, aber ob das unter Heldentat fällt? Jedenfalls unternahm ich mit einer kleinen Reisegruppe eine Urwald-Exkursion in Peru, und wir hatten die Möglichkeit in der Nähe einiger Wasserfälle in einem natürlichen Becken zu schwimmen. Ich bin dorthin geklettert um mich abzukühlen, und eine der Teilnehmerinnen tat es mir gleich. 20 Meter vor dem Wasserfall ist sie plötzlich ausgerutscht, schlug an einen Stein und verlor die Kontrolle. Sie trieb an mir vorbei, die Todesangststand ihr ins Gesicht geschrieben.

Was ist dann passiert?

Bevor ich darüber nachgedenken konnte, sprang ich in den reißenden Fluss. Noch während dessen dachte ich mir, was für ein Trottel ich bin, mein Leben für ein fremdes Mädchen zu riskieren. Wenn ich sie aber ihrem Schicksal überlassen hätte, trotz der Möglichkeit ihr zu helfen, hätte ich das wohl auch nicht mit meinem Gewissen vereinbaren können. Obwohl alles sehr schnell passierte, verging die Zeit in meinem Kopf ganz langsam. Zum Glück ist alles gut ausgegangen. Wenige Meter vor dem Wasserfall gelang es mir sie aus dem Wasser zu ziehen.

Na wenn das keine Heldentat ist! Darf ich dich abschließend noch um deine Helden- Definition bitten?

Ein Held oder eine Heldin ist für mich jemand, der den Mut aufbringt seinen eigenen Weg zu gehen und seinen Träumen zu folgen. Jemand, der trotz familiärer oder gesellschaftlicher Zwänge macht was er will und die Courage besitzt an sich selbst zu glauben. Mir fällt da ein Spruch ein, etwas abgedroschen zwar, aber dennoch recht treffend: „The most important things in life aren’t things“.

Was ist das Wichtigste?

Das Wichtigste im Leben ist für mich viele glückliche Momente zu erleben, zu lernen was Glück überhaupt ist, und es nicht zu verwechseln mit Vergnügen. Glück, und die Fähigkeit richtig zu lieben. Darauf kommt es mir an.

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